Zum Inhalt springen

Schweiz Sex ohne Gummi – Tripper auf dem Vormarsch

Gemäss einer bisher unveröffentlichten Studie des Bundesamts für Gesundheit (BAG) praktiziert mehr als die Hälfte der Prostituierten in der Schweiz Sex ohne Kondom. Die Ansteckung mit Tripper steigt dadurch deutlich an. Das berichtet die «Rundschau».

Der Zwang für Sex ohne Gummi kommt von den Freiern. Sie verlangen immer häufiger Sex ohne Kondom – und sind bereit, dafür einen Aufpreis zu bezahlen. Dieser Trend ist nun offiziell bestätigt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat an der Universität Lausanne dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Darin wurden schweizweit fünfhundert Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter zu «safe sex» befragt. Erste Resultate liegen der «Rundschau» vor.

Bundesamt für Gesundheit (BAG)

Daniel Koch, Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten im BAG sagt: «Bei den ersten Resultaten kommt klar heraus, dass die Mehrheit der Sexualarbeiterinnen Verkehr ohne Kondom haben. Sie setzen sich damit einem hohen Risiko aus.»

Die «Rundschau» hat mit Prostituierten auf dem Strassenstrich in Olten und in der Bordell-Szene des Kantons St. Gallen gesprochen. Viele Frauen sind bereit, Oralsex ohne Kondom zu praktizieren. In Olten haben einige angeboten, auch Vaginalverkehr ohne Kondom zu machen. Dafür haben sie einen Aufpreis von zwanzig bis dreissig Franken verlangt.

Tripper-Ansteckungen steigen um 21 Prozent

Ansteckend sei beides, sagt der Experte Koch vom BAG. Das zeigten die aktuellen Entwicklungen bei der Infektionskrankheit Tripper (Gonorrhoe), die der «Rundschau» exklusiv vorliegen. Sie ist landesweit seit 2014 um 21 Prozent gestiegen. Im Kanton Basel-Stadt sogar um 64 Prozent. «Das bereitet uns Sorgen. Der Anstieg beim Tripper ist ein Zeichen dafür, dass viel weniger Kondome benutzt werden. Der Tripper ist immer ein Messinstrument, um zu sagen: Jetzt müssen wir handeln», erklärt Koch.

Viele Frauen, die auf den Strich gehen, glauben, Oralsex sei nicht gefährlich. Eine Prostituierte aus dem Kanton St. Gallen nennt ihre Methoden: «Wir schlucken das Sperma nicht. Falls wir es aufnehmen, spucken wir es sofort wieder aus. Danach Zähne putzen und Mund desinfizieren.»

Blick aus einem Autofenster auf eine Prostituierte in Hot Pants.
Legende: Auf dem Strassenstrich ist für einen Aufpreis oft auch Sex ohne Kondom erhältlich – auf Kosten der Gesundheit. SRF

Gefährdete Partnerinnen

Keine gute Idee, heisst es dazu beim BAG. Alle Arten von ungeschütztem Sex seien gefährlich. Man könne sich den Tripper auch im Oralbereich holen. Gleichzeitig warnt das BAG vor der Sorglosigkeit der Freier: «Sehr viele dieser Freier gehen nach dem ungeschützten Sex nach Hause zu ihren Ehefrauen.» Häufig würden sich dann die unwissenden Partnerinnen anstecken.

Dem BAG ist noch eine andere Praxis von Sexkunden bekannt, die sich ohne Präservative vergnügen wollen. «Ein hoher Prozentsatz von Männern trickst», sagt Daniel Koch. «Bei denen wissen die Anbieterinnen gar nicht, dass es ohne Gummi passiert. Die Freier streifen das Kondom einfach kurz vor dem Eindringen wieder ab.»

Sendebezug: «Rundschau» vom 22.6.2016

Meistgelesene Artikel