Die Reise mit dem Flixbus ist mit 21 Franken zwar die Billigste. Doch sie erweist sich als Unterfangen mit Hindernissen: Schon in Zürich hat der Bus eine Verspätung von 30 Minuten. Im Bus fallen Sicherheitsmängel auf: Koffer liegen ungesichert in den Gängen, niemand ist angegurtet. Kein Wunder, denn die Chauffeure haben nicht auf die Gurtenpflicht hingewiesen.
WC an Bord abgeschlossen
Radio-Virus-Moderatorin Florence Fischer und «Kassensturz»-Reporterin Manuela Donati fuhren für den «Kassensturz»-Reisevergleich dreimal von Zürich nach Mailand. Gebucht haben Sie immer die billigsten Tickets bei Flixbus, einer Mitfahrzentrale und der SBB. Bei allen drei Anbietern dauert die Reise Zürich – Mailand gut vier Stunden, gemäss Fahrplan.
Doch der Flixbus hat bei der Ankunft in Mailand gut drei Stunden Verspätung. Wegen Staus, aber nicht nur: Der Chauffeur muss für eine Pinkelpause extra einen Zwischenstopp einlegen. Das WC an Bord ist geschlossen und für die Fahrgäste nicht zu benutzen. Das ist nicht der einzige Mangel beim Komfort. Die versprochenen Snacks sind bereits ausgegangen.
Chauffeur am Handy
Flixbus fällt im Reise-Vergleich durch. Die Firma Flixbus hat in der Schweiz keinen Sitz. «Kassensturz»-Moderator Ueli Schmezer ist für ein Gespräch mit dem Geschäftsführer von Flixbus nach München gereist. Natürlich nahm auch er den Flixbus.
Auch Ueli Schmezer dokumentierte Sicherheitsprobleme: Auf seiner Fahrt nach München telefonierte der Busschauffeur sechsmal, einmal sogar fast eine Stunde lang. Mit einer Hand am Steuer überholte er sogar. Flixbus-Mitbegründer André Schwämmlein stellte sich den Fragen von «Kassensturz» am Omnibus-Bahnhof in München.
Ueli Schmezer: Im Test hatte unser Bus nach Mailand über zwei Stunden Verspätung. Ihr Kommentar?
André Schwämmlein: Am Gotthard gab es einen Fahrzeugbrand. Da kann man froh sein, wenn man im Bus sitzt und zumindest lesen oder schlafen kann. Wir sind nun mal auf der Strasse unterwegs. Auch wenn die Verspätung ärgerlich ist.
Schmezer: Ich bin selbst aus Bern angereist mit dem Bus. Es gab keinen Stau, war gutes Wetter. Und trotzdem hatten wir 50 Minuten Verspätung.
André Schwämmlein: Das ist ärgerlich. Da müssen wir bei der einzelnen Fahrt nachschauen, was passiert ist. Grundsätzlich kontrollieren wir genau, wie zufrieden die Fahrgäste mit der Pünktlichkeit sind. Und wenn es da schlechte Werte gibt, schauen wir auch, ob wir den Fahrplan anpassen müssen.
Schmezer: Auf die Zeiten in Ihrem Fahrplan kann ich mich also nicht verlassen – das sind eher Wunschzeiten?
André Schwämmlein: Wir schaffen die Zeiten oft genug. Wir haben über 80 Prozent Pünktlichkeit. Bei Stau oder an einem Feiertag ist es aber so, dass man die Zeit nicht immer auf die Minute trifft.
Schmezer: Kommen wir zur Sicherheit. Niemand hat auf unseren Reisen auf die Gurtentragpflicht hingewiesen. Es gab keine Information.
André Schwämmlein: Das ist eine Verpflichtung. Ich fahre selber viel Bus und wurde immer über die Tragfplicht informiert. Ich trage auch selber immer Gurt. Wir schulen die Fahrer auch, dass sie darauf hinweisen. Wenn ein Fahrer das nicht macht, ist das nicht tolerierbar.
Schmezer: Weiterer Punkt: In den Gängen steht ungesichertes Gepäck während der Fahrt. Bei einer Vollbremsung ist das äusserst gefährlich.
André Schwämmlein: Auch der Umgang und das Verladen von Gepäck ist Teil unserer Schulungen. Natürlich ist das nicht akzeptabel, wenn das Gepäck im Gang steht. Und es wäre die Pflicht des Fahrers gewesen, darauf hinweisen. Wir müssen die Fahrer noch mehr und besser schulen.
Schmezer: Auf meiner Fahrt mit dem Flixbus nach München sah ich den Chauffeur plötzlich am Handy. Während den rund fünf Stunden Fahrt hat er sechs Mal telefoniert. Einmal war er fast eine Stunde am Telefon. Ich habe das auch dokumentiert. Mit einer Hand am Steuer, der anderen Hand am Handy hat er sogar überholt. Was sagen Sie dazu?
André Schwämmlein: Für uns ist die Sicherheit der Fahrgäste extrem wichtig. Der Bus ist ein sehr sicheres Verkehrsmittel. Das ist entgegen allem, was wir den Fahrern vermitteln. Jeder Fahrer wird zwei Tage geschult, bevor er Flixbus fährt. Dass Handybedienung am Steuer nicht erlaubt ist, wird sicher zehn Mal gesagt. So ein Verhalten widerspricht dem, was wir von unseren Unternehmern erwarten. Deshalb ist das nicht entschuldbar. Das ist schockierend.
Schmezer: Man muss wissen, dass sie ihre Busfahrer nicht selbst anstellen. Die arbeiten bei insgesamt 250 einzelnen Busunternehmen. Offenbar ist da die Kontrolle nicht möglich?
André Schwämmlein: Es stimmt, die Fahrer sind nicht unsere Angestellten. Trotzdem geben wir ihnen unsere hohen Ansprüche an die Sicherheit in Schulungen weiter. Das hat für uns höchste Priorität. Das leben die Unternehmer. Umso mehr ist das enttäuschend. Ich verstehe nicht, warum das gemacht wird.
Schmezer: Aber sie selber als Flixbus-Zentrale rufen die Fahrer ja auch an?
André Schwämmlein: Wir sind für unsere Fahrer in der Zentrale erreichbar. Natürlich nur mit Headset. Wir führen nun ein neues Verspätungsmanagement ein, damit unsere Fahrer uns nicht mehr anrufen müssen, wenn der Bus verspätet ist. So entfällt das Telefonieren.
Schmezer: Wie oft telefonieren Chauffeure am Steuer?
André Schwämmlein: Ich habe leider keine genaue Zahl für Sie. Wir haben gute Bewertungen der Fahrgäste bei der Sicherheit und Zufriedenheit mit den Chauffeuren. Wenn ein Chauffeur telefoniert, gibt das natürlich sofort negative Bewertungen. Für uns ist das ein Grund, sofort mit dem Fahrer und dem Unternehmer zu sprechen. Ich kann leider nicht sagen, dass es nur ein Fahrer ist. Aber wir gehen dem nach.