Der Befund des Vizedirektors des Staatssekretariats für Migration (SEM), Urs von Arb, überrascht: Die Isolation Eritreas führe dazu, «dass viele ausländische Berichte nicht den Tatsachen entsprechen», steht in seinem internen Papier. Er zitiert im Fazit seiner Eritrea-Reise von Januar 2015 die UNO Entwicklungsagentur UNDP: «Dieses Land ist nicht Nordkorea.»
Eritreer sind die grösste Gruppe von Asylgesuchstellern in der Schweiz. Sie haben guten Chancen, in der Schweiz bleiben zu dürfen, weil die Menschenrechtslage im Land bis heute als katastrophal gilt.
Zustimmung für umstrittenen dänischen Bericht
2014 haben die dänischen Einwanderungsbehörden einen umstrittenen Länderbericht zu Eritrea veröffentlicht. Gemäss diesem sind viele Eritreer Wirtschaftsflüchtlinge und werden kaum politisch verfolgt. Der Vizedirektor des SEM schreibt in seinem Bericht, er habe mit den meisten Quellen der dänischen Mission reden können. «Der dänische Bericht wurde unisono begrüsst, da dieser viele Punkte anspricht, die davor tabu erschienen. Die Aussagen des Berichtes sind richtig».
SEM will Asylpolitik nicht ändern
«Das ist nicht die Meinung des SEM-Vizedirektors, sondern die Meinung seiner Gesprächspartner in Eritrea», betont Sprecher Martin Reichlin vom SEM gegenüber der «Rundschau». Es handle sich lediglich um einen internen Reisebericht. «Diese Reise diente nicht dazu, die Menschenrechtslage in Eritrea oder die Asylpraxis der Schweiz zu überprüfen.» Deshalb sieht das SEM auch keinen Grund, seine Aufnahmepraxis gegenüber den Eritreern zu verändern. Gemäss einer ausführlichen Analyse des Staatssekretariats für Migration sei die Menschenrechtslage in Eritrea noch immer «nicht befriedigend».
Norwegen und England wollen strenger werden
Andere Länder reagieren. So hat England aufgrund des dänischen Berichts die Aufnahmeregeln für Eritreer im März 2015 verschärft. Und auch Norwegen will gegenüber Eritreern mehr Härte zeigen. Die norwegischen Behörden wollen nun eine eigene Beobachtermission nach Eritrea schicken. «Wenn diese Beobachter uns melden, dass Rückkehrer nicht gefoltert und verfolgt werden, dann könnte Norwegen sehr rasch damit beginnen, Eritreer zurückzuschaffen», so Staatssekretär Joran Kallmyr vom norwegischen Justizministerium gegenüber der «Rundschau».
Eritreer sind auch in Norwegen die grösste Gruppe von Asylgesuchstellern. Die rechtsbürgerliche Regierung möchte den Ansturm stoppen. Kallmyr war diesen Frühling ebenfalls selber nach Eritrea gereist, um sich vor Ort zu informieren.