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Schweiz Streit um Ställe

Der Umbau von Ställen zu Ferienwohnungen ausserhalb der Bauzone wird zum nationalen Zankapfel. Graubünden und Wallis verlangen mit Standesinitiativen eine Lockerung des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes. Die Landschaftsschützer schlagen Alarm.

Zu Ferienwohnungen umgebaute Ställe sind heiss begehrt. Die Nachfrage steigt, unter anderem weil Umnutzungen von landschaftsprägenden Bauten ausserhalb der Bauzone nicht unter das Zweitwohnungsgesetz fallen. In Gemeinden, wo der Zweitwohnungsanteil erreicht ist, kann sich somit die Nachfrage nach Ferienwohnungen auf das Nichtbaugebiet verlagern.

Der Churer Immobilienhändler René Hosig gibt in der «Rundschau» Einblick in die Marktsituation. Umgebaute Ställe ausserhalb der Bauzone würden zu immer höheren Preisen verkauft. Hosig: «Die Preise sind in den letzten fünf Jahren um 20 Prozent gestiegen. Ein Grund ist die Zweitwohnungsinitiative. Seitdem haben wir eine sehr starke Nachfrage. Unsere Datenbank platzt fast aus allen Nähten. Und die Preise pendeln zwischen 300‘000 und 400'000 Franken für normale Maiensässe.»

Seit der Zweitwohnungsinitiative haben wir eine sehr starke Nachfrage. Unsere Datenbank platzt fast aus allen Nähten.
Autor: René Hosig Churer Immobilienhändler

Chance für das Berggebiet

Das Angebot ist aber begrenzt. Denn Ställe ausserhalb der Bauzone lassen sich gemäss Bundesgesetz über die Raumplanung nicht einfach umbauen. Bewilligungen werden nur in Ausnahmefällen erteilt.

Standesinitiativen aus den Kantonen Graubünden und Wallis wollen das nun ändern. Die Initiativen verlangen, dass ausserhalb der Bauzone Ställe erleichtert für Wohnzwecke umgebaut werden dürfen. CVP-Grossrat Reto Crameri, Initiant des Vorstosses im Kanton Graubünden, sieht darin ein grosses Wirtschafts-Potential für die Bergkantone. Crameri: «Das Berggebiet leidet massiv unter der Zweitwohnungsinitiative. Und wenn wir nur ein wenig Gegensteuer geben können, dann haben wir im Berggebiet schon einiges gewonnen.»

So sieht es auch der Walliser SVP-Grossrat Grégory Logean, der im Wallis neben anderen hinter dem Vorstoss steht. Logean: «Die Gebirgskantone müssen in dieser Sache unbedingt gemeinsam vorgehen. Das Problem ist sehr dringend. Wie die Bündner haben auch wir viele Täler und Bergdörfer, wo man heute wegen der Zweitwohnungsinitiative nichts mehr bauen kann.»

Landschaftsschützer entsetzt

Landschaftsschutzorganisationen reagieren mit Empörung auf diese Pläne. Für Ludmila Seifert, Geschäftsleiterin vom Heimatschutz Graubünden, ist die Umnutzung von Ställen im Nichtbaugebiet keine Lösung der Probleme im Berggebiet. Das Landschaftsbild werde durch diese Strategie stark belastet, sagt Seifert. «Man verscherbelt das Tafelsilber. Das Freihalten der Landschaft ist eine touristische Qualität. Wenn man jetzt überall aus den Ställen Ferienhäuser machen kann, dann macht man diese Qualität kaputt.»

Auch der Geschäftsführer der Stiftung Landschaftschutz Schweiz, Raimund Rodewald, gibt sich kämpferisch. «Wallis und Graubünden wollen das Schlupfloch im Zweitwohnungsgesetz ausnützen. Weil man im Baugebiet keine Ferienhäuser mehr aufstellen kann, will man nun aufs Nichtbaugebiet ausweichen. Jetzt geht es aber um das Landschaftsbild, um die letzten Objekte, die noch unangetastet sind.» Für Rodewald ist klar, eine Lockerung des Raumplanungsgesetzes würde bekämpft werden. «Das ist sicher eine referendumsträchtige Angelegenheit. Wir werden uns sicher wehren», so Rodewald gegenüber der «Rundschau».

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