Weltweit nehmen die Selbstbestimmung und die Partizipation von Mädchen zu. Dies zeigt der «Plan Mädchenbericht 2014» zum Thema «Mädchen auf dem Weg zur Mitbestimmung». Auch der einstige Bildungsgraben zwischen den Geschlechtern ist zumindest in der Schweiz weitgehend zugeschüttet. Frauen bilden heute je nach Fachrichtung eine Mehrheit an den Universitäten. Doch dieser Blick trügt.
Top gebildet aber klassisch rückwärtsgewandt
Bei näherer Betrachtung werde deutlich, dass die modernen Bildungsgewinnerinnen dennoch Berufsverliererinnen bleiben würden, schreiben die Autoren der Vorstudie «Mädchen in der Schweiz» in ihrem Positionspapier. Und genau darum ist für die Soziologin und Studienleiterin Prof. Gabriella Schmid klar, dass eine umfassende Änderung gesellschaftlichen Handelns angezeigt ist. Und eine grössere Folgestudie.
Die Mädchen von heute sind zwar vielseitig begabt und mit Kompetenzen ausgerüstet. Aber dessen ungeachtet würden sie wieder vermehrt dazu neigen, ihre Lebensgestaltung dem klassischen Geschlechtsrollen-Verständnis zu opfern, wie die Forscher aus dem Institut Gender & Diversity (IGD) der Fachhochschule Ostschweiz in ihrer Vorstudie schreiben.
Casting-Shows und Spielsachen sind schuld
Dass sich diese Selbstbeschränkung nicht goldig auf ihren wirtschaftlichen Erfolg auswirkt, liegt auf der Hand. Einen potentiell Schuldigen an dem Phänomen auszumachen, ist darum sicherlich populär.
«Neben den klassischen Sozialisationsinstanzen wie Elternhaus und Schule üben auch die Medien und die Spielzeugindustrie einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der Geschlechtsidentität aus», schreibt IGD-Professorin. Im Visier hat die Sozialforscherin Klischee-triefende Casting-Shows und Sitcoms, sowie Kinderspielsachen, die diese klassische Rollentrennung zementieren.
Konservativ-Sein ist vermehrt eine Alternative
Auch wenn die Forscher der Ostschweizer Fachhochschule anerkennen, dass die jungen Mädchen ihre Sensibilität für Geschlechterfragen angesichts der gemachten Fortschritte ganz allgemein zurückgefahren haben, äussern sie dezidierte Vorschläge zur Niederschlagung dieser «Renaissance traditioneller Geschlechterrollen» (siehe Kasten). Die Schaffung eines Bundesgesetzes gegen Sexismus ist eine von sechs Forderungen.
Über die Tauglichkeit dieser vorgeschlagenen Instrumente kann gestritten werden. Die Ergebnisse aus 55 qualitativen Leitfaden-Interviews mit jungen Frauen lassen dennoch keinen Zweifel daran: Nicht nur am rechten Rand der politischen Schweiz, sondern auch bezüglich jugendlichem Rollenverständnis erfreuen sich konservative Lebensweltentwürfe zurzeit wieder vermehrter Beliebtheit.