Jugendliche, die sich am Bahnhof oder in Parks mit billigen Drinks einen Rausch antrinken – das ist laut der Stiftung Sucht Schweiz eines der grossen Probleme im Alkoholbereich. Obwohl tendenziell weniger geraucht und getrunken wird. Deshalb schlugen Präventionsfachleute beispielsweise einen Mindestpreis auf Alkohol vor, auch, um Billig-Bier an der Tankstelle einen Riegel vorzuschieben.
Monique Portner von Sucht Schweiz begründet das Vorhaben: «‹Preissensible› Menschen mit kleinerem Portemonnaie, gerade auch Junge und problematisch Konsumierende, reagieren auf solche Massnahmen.» Doch im Nationalrat war eine klare Mehrheit von Mitte bis Rechts gegen den Mindestpreis. Zur Debatte steht noch, ob Tankstellen und Läden nach 22 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen dürfen.
Gegenläufige Interessen
Aber das Anliegen der Präventionsfachleute hat Gegenwind. «Einmal dominieren wirtschaftliche Interessen diejenigen des Gesundheitsschutzes», klagt Portner. Sie befürchtet, dass beim Tabakgesetz, das bald ins Parlament kommt, wieder dieselben Mechanismen spielen. Und eine breite Koalition aus Wirtschaft, Liberalen und Bürgerlichen Kräften geplante Werbeverbote aus dem Gesetz kippt.
Ganz so schwarz sieht es Thomas Pletscher von Economiesuisse nicht. Der Wirtschaftsverband begrüsse Prävention, denn sie verhinderte volkswirtschaftliche Schäden. Trotzdem übt Pletscher auch Kritik an den Präventionsfachleuten: «Sie haben die Tendenz, Prävention in Bevormundung überschlagen zu lassen.» Bevormundung sind laut Economiesuisse etwa die geplanten Werbeverbote für Tabak in Medien oder auf Plakaten.
Lobbying in Bundesbern
Einverstanden ist Economiesuisse aber mit der Idee, dass unter 18-Jährige in der Schweiz keine Zigaretten kaufen dürfen. Dort wiederum sträuben sich FDP und der Gewerbeverband. Sie wollen das Schutzalter nicht national regeln.
Der stärkste politische Druck, so Pletscher, komme sowieso meist von den betroffenen Branchen: «Bei allen Gesetzesvorlagen, die spezifisch auf eine Branche abzielen, ist das Lobbying gross.» Denn Alkohol und Tabakindustrie haben logischerweise kein Interesse an einem weiteren Konsumrückgang. Und wie die Präventionsfachleute versuchen auch sie, die Politiker in Bern zu beeinflussen – ob bei einem Glas Wein oder nicht, bleibt offen.