In der Mitte zwischen Bern und Freiburg liegt Neuenegg mit 5000 Einwohnern. Hier stellt die Firma Wander die Ovomaltine her. Hier hat die SVP die Mehrheit im Gemeinderat – und hier herrscht Streit um eine Asylunterkunft: Der Kanton Bern möchte in der Zivilschutzanlage bis zu 100 Menschen unterbringen.
Gemeindepräsident René Wanner von der SVP will das verhindern. Die Zivilschutz-Anlage am Ortseingang sei kein Standort für Asylsuchende, sagt er und verweist auf die Lage mitten in einem Wohnquartier. Auch fehle ein richtiger Vorplatz. Die Menschen könnten nicht 24 Stunden lang im Keller sein.
Ich kann es nicht genau sagen, aber ich weiss einfach, dass Ängste vorhanden sind.
Vor allem aber haben die Anwohner nach den Worten von Wanner Angst vor den Menschen, die hier einmal einziehen könnten: «Man hört viel Schlechtes. Es sind junge, starke Männer und es ist eine andere Kultur.»
Wanner kämpft mit zwei Argumenten gegen die Unterkunft: Eine Zivilschutzanlage müsse bereit sein für einen Katastrophenfall. Zudem seien die zur Diskussion stehenden Personen Eritreer und damit Wirtschaftsflüchtlinge.
Sie hoffen auf ein besseres Leben. Und das auf Kosten unserer arbeitenden Bevölkerung. Dagegen sträuben wir uns.
Keine Hilfe für Eritreer also. Damit macht Wanner das, was die SVP allen Ortsparteien rät: Widerstand von unten als politischer Akt gegen die Asylpolitik von oben. Wanner bestätigt: «Man muss zeigen, dass man nicht bereit ist, in diesem Sinn zu helfen. Der Bund will scheinbar die Probleme nicht erkennen, und damit haben wir Mühe.»
Andere Töne aus Köniz
Ein paar Kilometer östlich von Neuenegg liegt die grosser Berner Vorortsgemeinde Köniz. Dort ist ebenfalls ein SVP-Mann an der Spitze. Doch anders als Wanner ist es Gemeindepräsident Ueli Studer nicht wohl beim Aufruf seiner Partei zum Asyl-Widerstand.
Das geht mir zu weit. Einfach zur Verweigerung aufrufen ist wirklich nicht das Ziel und nicht der Weg.
Es gehe hier um Menschen, denen man jetzt zunächst einfach helfen müssen, betont Studer. Und er wundert sich über jene, die das Drama nicht sehen und auch nicht, dass diese Menschen auch ihr Leben aufs Spiel setzten: «Da bin ich absolut der Meinung, dass wir doch ein kleines Zeichen setzen können.»
Studer ist kein Linker. Im Berner Grossen Rat setzte er generelle Kürzungen bei der Sozialhilfe durch. Der Mann kann hart sein. Nur sei es im Asylwesen nicht Sache der Gemeinden, Asylpolitik zu machen, ist er überzeugt. Oder gar zu unterscheiden zwischen willkommenen und nicht willkommenen Asylsuchenden. So müssten die Menschen im Moment halt aufgenommen werden – um die Bedrohungslage abzuklären und um dann die Wirtschaftsflüchtlinge zurückzuführen.
Studer: Aufruf der SVP spaltet die Bevölkerung
In Köniz wohnen Dutzende Asylsuchende in normalen Wohnungen. Seit über einem Jahr dient zudem ein Mehrfamilienhaus als Unterkunft für rund 80 Asylsuchende. Grosse negative Rückmeldungen habe es mit Ausnahme von zwei, drei Fällen bisher nicht gegeben.
Der Aufruf seiner SVP zum Widerstand gegen Asylzentren spalte die Bevölkerung, kritisiert Studer. Er befürchtet einen Graben zwischen jenen, die noch bereit gewesen wären, sich eher offen zu zeigen. Und jenen, die eine Blockade machen und auch eine gewisse Ausländerfeindlichkeit an den Tag legen.
Im Namen des Wahljahrs
Von Ausländerfeindlichkeit will der Neuenegger Gemeindepräsident Wanner allerdings nichts wissen: «Es ist Wahljahr dieses Jahr. Ein wenig Polemik ist dabei, das gehört einfach zum politischen Spiel.»
Das «politische Spiel» in Neuenegg übrigens wird der Kanton Bern in eigener Regie entscheiden. Dieser bestimmt nämlich, ob eine Asylunterkunft öffnet oder nicht. Inzwischen baut der Gemeindepräsident Druck auf: Asyl-Wahlkampf von unten – genau das dürfte die Parteizentrale mit ihrem Aufruf bezweckt haben.