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Schweiz Tod im Spital: Kein Geld für Prävention

Rund tausend Menschen sterben jedes Jahr in der Schweiz, weil sie sich im Spital mit tödlichen Keimen anstecken. Das Bundesamt für Gesundheit will das ändern – mit einem nationalen Präventionsprogramm. Doch eine Kommission des Ständerates hat dies blockiert. Das Vorhaben sei zu zentralistisch.

«Die Zahl der vermeidbaren Todesfälle in Schweizer Spitälern entspricht drei Flugzeugabstürzen», sagt Oliver Peters, Vizedirektor des Bundesamt für Gesundheit (BAG). Flugzeugabstürze seien spektakulär. Bei Pannen im Spital reagiere die Öffentlichkeit so, als ob man das hinnehmen müsse.

Sparpotential laut BAG: hunderte Millionen Franken

Peters im «Rundschau»-Interview: «Mit besseren Hygiene-Massnahmen könnten hunderte von Millionen Franken eingespart werden. Die Behandlung von Infektionen ist aufwendig und teuer.»

Der Bundesrat hat eine Qualitätsstrategie gestartet, die Abhilfe bringen soll. Doch die Gesundheitskommission des Ständerates empfahl mit 9:4 Stimmen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Zu teuer, zu zentralistisch – so die Hauptargumente der bürgerlichen Politiker, die auf die Hygiene-Standards des Bundes verzichten wollen. Mitte Juni befasst sich der Ständerat mit der Vorlage.

Arbeitsunfähig nach Spital-Infektion

«Ich wünsche keinem von diesen Politikern etwas Böses», sagt Christoph Matzinger, der sich im Spital bei einer Operation mit Bakterien angesteckt hat. «Aber hätten sie nur einen Tag solche Schmerzen, dann würden sie anders denken.»

Matzinger hat sich vor drei Jahren bei einer Routine-Operation an seinem Sprunggelenk angesteckt. Seitdem ist er arbeitsunfähig, kann kaum noch gehen. Er ist froh, die Infektion überlebt zu haben.

Spitalhygieniker fordert Sofortmassnahmen

Andreas Widmer, Hygiene-Leiter am Universitätsspital Basel, führt einen beinahe aussichtslosen Kampf gegen resistente Keime in seinem Spital. «Uns bleibt kaum noch Zeit, bis die Kantone sich geeinigt haben», mahnt er. «Ohne geregelte Finanzierung wird dieser Prozess in die Länge getrieben, so dass wir irgendwann definitiv zu spät sind.»

Widmer besucht regelmässig Krankenhäuser in Holland. Die Infektionsrate ist dort deutlich geringer. «Wer sich nicht an die strengen Regeln hält, wird in Holland entlassen», sagt Widmer gegenüber der Rundschau. In Basel habe die Direktion diese Möglichkeit nicht.

Krankenkassenverband Santésuisse dagegen

Urs Vogt ist Vertrauensarzt des Krankenkassenverbandes Santésuisse und gegen ein nationales Qualitätsprogramm. Vogt sagt im «Rundschau»-Interview: «Ich habe Angst, dass die jetzige Vorlage ein Papiertiger ist.» Vogt fürchtet, dass plötzlich externe Kontrolleure ihn von der Arbeit abhalten.

An der Rundschau-Theke nimmt Ignazio Cassis , Arzt und Vertreter des Krankenkassenverbandes Cura Futura Stellung.

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