In der Schweiz leben mehr als eine Million Menschen in prekären finanziellen Verhältnissen. Dies geht aus dem zweiten, überarbeiteten Handbuch zur Armut hervor, das vom Hilfswerk Caritas veröffentlicht wurde.
Armut sei weit mehr als ein Randphänomen, schreibt Caritas. Fast jede fünfte Person in der Schweiz sei nicht in der Lage, eine unerwartete Rechnung von 2000 Franken zu bezahlen, etwa für eine Zahnbehandlung.
Gemäss Caritas ist Armut mehr als eine finanzielle Notlage. Sie kann bedeuten: lange eine Arbeit zu suchen, keine zu finden und ausgesteuert zu werden; trotz Schmerzen nicht zum Arzt zu gehen, um Kosten zu sparen; keine Ausbildung, keine Perspektive oder einen ungesicherten Aufenthaltsstatus zu haben; ein Leben unter dem Existenzminimum zu führen. Und es bedeutet vor allem, nicht an der Gesellschaft teilhaben zu können.
Schock im Jahr 2006
Das «Neue Handbuch Armut in der Schweiz» von Claudia Schuwey und Carlo Knöpfel wurde in Bern vorgestellt. Das Buch mit 286 Seiten sammelt Daten und Fakten sowie die Mechanismen der Armut und der sozialen Sicherheit.
Das Handbuch von Caritas beschreibt die neuesten Entwicklungen und wirft die Frage auf, ob die Bemühungen des Staates genügen, um Armut nachhaltig zu verhindern oder zu überwinden.
Die erste Handbuch der Caritas im Jahr 2006 löste aufgrund der Enthüllung zum Ausmass der Armut in der Schweiz eine politische Debatte aus. Seitdem wurden Massnahmen getroffen. Der Bund rief 2013 ein nationales Programm zur Prävention und Bekämpfung von Armut ins Leben. Mehrere Kantone folgten nach.
«Armut halbieren»
Unter dem Slogan «Armut halbieren» lancierte Caritas 2010 ein Jahrzehnt der Bekämpfung von Armut in der Schweiz. Laut Bundesamt für Statistik führte 2011 jede 13. Person in der Schweiz ein Leben in Armut. Das waren rund 580'000 Menschen, darunter 130'000 Erwerbstätige.
2011 lag die Armutsgrenze für Einzelpersonen gemäss Bundesamt für Statistik bei durchschnittlich 2200 Franken pro Monat, bei zwei Erwachsenen mit zwei Kindern bei 4050 Franken. Davon mussten die Betroffenen den allgemeinen Lebensunterhalt wie Essen, Kleidung, Körperpflege und Verkehr sowie Wohnkosten und Versicherungen bestreiten.