Ende 2007 hat sich die Invalidenversicherung (IV) aus der Regelung und Finanzierung der Sonderpädagogik verabschiedet. Dies im Zuge der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA).
Das Angebot steuert die Nachfrage – das ist in unserem Bereich ganz deutlich sichtbar.
Die Volksschulen in den Kantonen reagierten. Die Sonderschulen sollten abgebaut werden. Zugunsten einer integrierten Volksschule, in der Sonderschüler in Regelklassen eingebunden und Lehrkräfte von Heilpädagogen unterstützt werden. Seither steigen die Fallzahlen von Kindern mit diagnostizierten Störungen massiv an.
Deutlich wird das beispielsweise an den Zahlen im Kanton Bern. Laut einem Artikel der Berner Zeitung gibt es heute im Kanton 47-mal mehr Kinder mit autistischen Störungen als noch vor fünf Jahren. Im Interview mit SRF 4 News bietet Beatrice Kronenberg vom Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik eine ernüchternde Erklärung: «Das Angebot steuert die Nachfrage – das ist in unserem Bereich ganz deutlich sichtbar.»
In Bern ist man alarmiert
Die Direktorin des Zentrums beobachtet einen deutlichen Anstieg der Diagnose Asperger-Syndrom, einer abgeschwächten Form von Autismus. «Diese Diagnosen werden nun vermehrt gestellt, um an mehr Ressourcen zu kommen», sagt Kronenberg. Der Grund liegt auf der Hand: Kindern mit Asperger-Syndrom und bei Sonderschülern fliessen die Mittel aus der Kasse der Gesundheitsdirektion, nicht aus jener der Erziehungsdirektion.
Das hat nun auch den Berner Erziehungsdirektor Bernhard Pulver auf den Plan gerufen. Im Interview räumt er einen Effekt ein, wonach «... eben vielleicht auch mehr Sonderschüler oder auch mehr Asperger-Syndrom-Diagnosen entstehen, wenn man hier auf anderem Weg noch Ressourcen holen kann.»
Noch nie habe es so viele Kinder mit Asperger-Syndrom und Sonderschüler gegeben, sagt Pulver im Interview. Darum wolle er sich jetzt ein genaues Bild der Sonderpädagogik im Kanton machen.