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Schweiz Weniger Spenden, aber nicht weniger Solidarität

Nach den Attentaten von Paris mehren sich international die Anzeichen eines Stimmungsumschwungs angesichts der Flüchtlingskrise. Nicht so in der Schweiz. Schweizer Hilfswerke sehen keinen abrupten Rückgang bei den Spenden oder Hilfsangeboten.

Nach den Anschlägen von Paris scheint international die Stimmung gegenüber den Flüchtlingen zu kippen. Schweden macht die Grenze praktisch dicht und will die Leistungen an Hilfesuchende auf das absolute Minimum herunterfahren. Mehr als 20 US-Bundesstaaten wollen aus «Sicherheitsgründen» keine Flüchtlinge mehr aus Syrien aufnehmen. Serbien und Mazedonien wollen nur noch Flüchtlinge aus Kriegsgebiete zulassen, und dies auch nur zähneknirschend.

Doch wie ist die Stimmung in der Schweiz? Hat die Solidarität mit den Tausenden Flüchtlingen, die unter prekärsten Bedingungen nach Europa zu gelangen versuchen, abgenommen?

Stetige, aber nicht abrupte Spendenabnahme

Die Glückskette konnte seit den Anschlägen von Paris keine Veränderung feststellen. Gemäss Priska Spörri, Sprecherin der Glückskette, kam es nach den Attentaten in der französischen Hauptstadt nicht zur einer plötzlichen Abnahme der Spenden. «Unser Hauptsammeltag war am 15. September. Wie bei anderen Sammelaktionen nahmen auch dieses Mal die Spenden mit der Zeit ab, aber nicht abrupt.» Auch blieben gemäss Spörri nach den Anschlägen die flüchtlingskritischen Kommentare aus: «Die Leute schreiben gelegentlich Kommentare auf unseren sozialen Medien, wir konnten aber nicht feststellen, dass sich diese nach den Anschlägen verändert haben.»

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Schweden schliesst die Grenzen
aus Echo der Zeit vom 24.11.2015. Bild: Keystone
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Auch die Caritas konnte keinen Rückgang der Schweizer Solidarität seit dem 13. November feststellen. «Die Spenden und Hilfsangebote sind zwar seit September etwas zurückgegangen, dies hat aber nichts mit den Ereignissen in Paris zu tun», so Stefan Gribi, Leiter Abteilung Information. Die Solidarität der Schweizer in der Flüchtlingskrise sei über Wochen ausgesprochen beeindruckend gewesen – nun hätten sich die Spenden auf einem normalen Niveau eingependelt.

Beeindruckende Solidarität nicht erst seit diesem Jahr

Gribi geht nicht davon aus, dass sich das Mitgefühl der Schweizer in der Flüchtlingskrise in nächster Zeit plötzlich verändern wird: «Die Solidarität mit Syrien besteht nicht erst seit diesem Jahr. Caritas Schweiz erhält seit vier Jahren jährlich 3 bis 4 Millionen Franken an Spenden für die Syrienhilfe.» Es hat also von Anfang an ein hohes Bewusstsein für den Konflikt und die Opfer gegeben. Und so wird es voraussichtlich auch bleiben.»

Dass das Thema Flüchtlinge die Schweizer immer noch berührt, zeigt sich gemäss Gribi, heute vielleicht noch deutlicher auf lokalere Ebene: «Verschiedene Schulen führen derzeit Projektwochen zum Thema Flüchtlinge durch. Das zeigt klar, dass nach wie vor ein grosses Bedürfnis besteht, die Krise zu verstehen und den Menschen zu helfen.»

Mehr Informationsaustausch

Die Freiwilligengruppe «Tsüri Hilft», die Flüchtlinge direkt auf der Balkanroute unterstützt, konnte wiederum nach den Attentaten in ihrem Umfeld eine erhöhte Aktivität in den sozialen Medien feststellen. Zahlreiche reagierten gemäss Mediensprecherin Anna-Tina Hess zunächst mit dem Hinweis, dass es «genau dieser Terror» sei, vor welchem die Flüchtlinge fliehen würden. «Vielen war es ausserdem wichtig, Artikel in Umlauf zu bringen, die dies richtigstellten», so Hess.

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Zürcher helfen auf der Balkan-Route (20.11.2015)
05:07 min
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Trotzdem sei bei einigen eine grosse Angst erkennbar, dass mit den Flüchtlingen Terroristen eingeschleust werden. Diese Angst existiere aber nicht erst seit den Anschlägen. Für Hess steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt fest, dass die Solidaritätsbekundungen mit den Attentaten nicht abgenommen haben.

Ohnmacht angesichts des Syrienkriegs

Auch die Flüchtlingshilfe Schweiz kann zum jetzigen Zeitpunkt kein Stimmungsumschwung in der Schweizer Bevölkerung feststellen. «Natürlich gibt es Parteien, die das Thema nach den Anschlägen noch stärker bewirtschaften und einen Generalverdacht gegen Flüchtlinge fördern. Allerdings denke ich, dass dies dank der doch differenzierten Medienberichterstattung nicht gelingen wird. Zumindest hoffe ich das», so der Sprecher der Flüchtlingshilfe Schweiz, Stefan Frey.

Gemäss Frey beschäftigt die Schweizer derzeit vor allem die Frage, warum der Krieg in Syrien nicht beendet wird. «Für viele Leute sind diese Bombardierungen nicht nachvollziehbar. Sie fühlen sich angesichts der Ereignisse in Syrien ohnmächtig.»

Für Frey liegt die eigentliche Herausforderung heute in der Integration der Flüchtlinge: «Die Situation in der Schweiz ist zwar eine ganze andere als in Frankreich, wo die Zahl der muslimischen Einwanderer um ein Vielfaches höher ist. Dennoch sollte man die wichtigen Schritte der Integration nicht verschlafen.»

Gegenwärtig sei das System jedoch bürokratisiert, und die Mittel würden nicht sachgerecht investiert. «Gefragt sind jetzt intensives Sprachtraining und eine Einbindung der jungen Leute in die Arbeitswelt.» Auf diese Weise liesse sich am besten eine Abspaltung der Flüchtlinge in eine Randgruppe und eine spätere Radikalisierung vermeiden, so Frey.

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