Frauenparteien seien nicht mehr zeitgemäss – das findet zumindest die SVP. Und dies, obwohl es auch aus Sicht der SVP-Frauen noch viel zu tun gibt: «Die Frauenthemen sind überhaupt noch nicht gelöst», sagt Judith Uebersax, Präsidentin der SVP Frauen. Trotzdem war sie es, die der Partei vorgeschlagen hatte: Entweder die nationale Frauengruppe mit finanziellen Mitteln stärken – oder sie abschaffen. Die Parteispitze entschied sich für letzteres.
Uebersax engagiert sich nun für eine Stelle für Familien- und Gesellschaftspolitik innerhalb der Parteileitung. Sie sieht es positiv: «Auf Parteiebene werden die Frauen mehr Einfluss haben und werden auch stärker getragen, weil die Diskussionen in der Gesamtpartei passieren, gemeinsam mit den Männern – und nicht in einem separaten Gremium, wo die Frauen unter sich sind. Ich bin überzeugt, dass auch die anderen Parteien zu diesem Schluss kommen werden.»
Versuch gescheitert
Tatsächlich haben auch schon die anderen Regierungsparteien ihre Frauenorganisationen hinterfragt, wie Fabienne Amlinger, Historikerin und Geschlechterforscherin an der Universität Bern erklärt. «Sowohl in der CVP wie in der SP gab es Versuche, dass sich Frauen und Männer gemeinsam um sogenannte Frauenthemen kümmern, etwa in gemischten Gleichstellungskommissionen.»
Bei CVP wie SP habe dies aber schlicht nicht funktioniert. «Es hat sich in beiden Parteien gezeigt, dass Männer, die anfänglich teilgenommen haben, dann relativ rasch das Interesse verloren haben.» Und dies eben sogar bei der SP, die sich Frauenanliegen selber auf die Fahne schreiben. «Die Quintessenz ist: Wenn sich Frauen nicht darum kümmerten, dann kümmert sich niemand darum», meint Amlinger.
Starke Stimme
Die Frauenorganisationen der anderen Regierungsparteien hingegen denken nicht daran, sich selber abzuschaffen. «Natürlich, man kann über die richtige Form diskutieren», sagt etwa Yvonne Feri, Präsidentin der SP Frauen. Aber der Eindruck bei den Regierungsparteien ist mehrheitlich: Mit einer Frauenpartei im Rücken hat auch die nationale Mutterpartei die stärkere Stimme.
CVP und FDP betonen, dass sie als Frauenparteien ein breiteres Spektrum von potentiellen Mitgliedern ansprechen könnten. «Es melden sich gar Männer, die bei uns mitmachen wollen», sagt FDP-Frauen-Generalsekretärin Claudine Esseiva. Die Präsidentin der CVP Frauen, Babette Sigg, kam selber via die Frauenpartei zur CVP, wie viele andere Frauen. Die CVP-Frauenpartei sei ein wichtiges Einstiegsportal. Frauen würden etwa geschult, vor Publikum aufzutreten. Und sie hätten Erfolg.
Tatsächlich haben gerade die CVP-Frauen wiederholt die Parolen ihrer Mutterpartei beeinflusst. «Die Partei hört auf uns und weiss, dass wir einen Teil der Bevölkerung repräsentieren», so Sigg.
Frauen untervertreten
Dass es auch heute noch sogenannte Frauenthemen gibt, davon ist Historikerin Fabienne Amlinger überzeugt. Sie nennt die Lohnungleichheit oder die Gewalt an Frauen als Beispiele – Themen, die Frauen von links bis rechts beträfen.
Wichtig seien Frauenorganisationen auch zur Förderung der Frauen in der Politik: «Der Frauenanteil im Nationalrat stagniert bei etwa 30 Prozent. Und gerade bei der SVP muss man sehen: Es ist diejenige Regierungspartei mit dem kleinsten Frauenanteil.» Die Abschaffung der nationalen Frauenorganisation der SVP sei darum eine schlechte Nachricht für die vielen SVP-Wählerinnen im Land.
Ob die SVP für ihre Frauen überhaupt eine Vertreterin oder einen Vertreter bestimmen, der oder die in der Parteileitung Frauenpolitik im Rahmen eines Dossiers wie Familien- und Gesellschaftspolitik vertritt, dürfte sich im April zeigen, wenn die neue Parteileitung gewählt wird.