Die Steuerabkommen mit Deutschland und USA sind gescheitert. Mit Frankreich und Italien sind sie auf der Kippe. Einzig Österreich und Grossbritannien haben zugestimmt. Eine schlechte Erfolgsbilanz für die scheidende Bundespräsidentin?
«Man darf immerhin sagen, dass das Abkommen mit Deutschland in der Schweiz unbestritten oder zumindest tragfähig war», sagt Eveline Widmer-Schlumpf im Gespräch mit SRF-Bundeshausredaktor Adrian Arnold. «Was das Ausland damit macht, das können wir wenig beeinflussen.» Dass in Deutschland mit dem Abkommen Wahklampft betrieben worden sei, habe sie nicht beeinflussen können. Manchmal müsse man eben mit der Realität gehen.
«Ich bin entrüstet über dieses Verhalten»
Die Arbeit erschwert haben der Finanzministerin aber auch die Banken.Offenbar hätten manche nichts gelernt, sagte Widmer-Schlumpf zur Affäre um die Manipulation der Libor-Sätze durch UBS-Banker. «Ich bin entrüstet über dieses Verhalten.»
Widmer-Schlumpf wirft den Banken auch vor, sich nicht auf eine Position einigen zu können, etwa beim US-Steuergesetz Fatca. Der «Foreign Account Tax Compliance Act» ist Teil eines US-Gesetztes, mit dem das US-Steuer-Reporting von ausländischen Finanzinstitutionen deutlich verschärft wurde.
Ein Teil der Banken habe darauf gedrängt, das Gesetz rasch umzusetzen, der andere habe sich dagegen gestellt. «Die Finanzbranche muss sich einen», forderte die Finanzministerin.
«Fatca macht niemandem Freude»
Über das Steuergesetz, das Banken verpflichtet, Konten von US-Bürgern zu melden, zeigte sie sich wenig erfreut. Enttäuschend war vor allem, dass es nicht gelang, gleichzeitig eine Globallösung für jene 13 Banken auszuhandeln, welchen in den USA Anklagen drohen.
«Wir sind nicht soweit, wie wir sein möchten», räumte Widmer-Schlumpf ein. Das Parlament wird sich voraussichtlich im Sommer mit dem Abkommen zur Umsetzung von Fatca befassen. Die Finanzministerin hofft, dann einen Schritt weiter zu sein.
Laut der Finanzministerin haben sich die USA verpflichtet, nicht gegen einzelne Banken vorzugehen, solange die Diskussionen über Fatca und eine Globallösung für die 13 Banken laufen, welchen in den USA Anklagen drohen. Dass die USA gegen einzelne Mitarbeiter vorgingen, sei aber nicht zu verhindern.
Steigender Druck aus der EU
Mit Fatca gesteht die Schweiz den USA faktisch eine Art von automatischem Informationsaustausch zu. Dass damit der Druck der EU auf die Schweiz steigen dürfte, streitet Widmer-Schlumpf nicht ab. Sie gibt allerdings zu bedenken, dass der automatische Informationsaustausch derzeit auch in der EU nicht Standard sei.
Die Finanzministerin machte deutlich, dass die Erwartungen an sie höchst unterschiedlich sind. Manche würden ihr vorwerfen, sie stets mit Feuerwehrübungen zu überfallen, anderen dauere alles viel zu lange, stellte sie fest.
«Auf die Finanzministerin reduziert»
Das Präsidialamt habe ihr geholfen, bei den Finanzthemen «Kanäle zu öffnen». So habe sie Regierungschefs getroffen, die sie sonst nicht hätte treffen können. Dafür sei sie oft auf ihre Rolle als Finanzministerin reduziert worden.
Als Bundespräsidentin kann Widmer-Schlumpf als Erfolg verbuchen, dass das Funktionieren des Bundesrates wenig zu reden gab. Sie selbst hob in der Bilanz die zahlreichen Begegnungen hervor, etwa mit Jugendlichen. Zu den schwierigsten Momenten ihres Präsidialjahres zählte sie das Car-Unglück im Wallis, bei dem 28 Menschen ums Leben kamen.
Nachfolger von Eveline Widmer-Schlumpf wird Bundesrat Ueli Maurer – er übernimmt das Amt am 1. Januar 2013.