Am Kongress der Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz sieht man nicht mehr die Wollpullover der Ökopioniere früherer Jahre. Jetzt dominieren Jackets und weisse Hemden, denn es geht ums Business.
Versammelt haben sich die Profiteure der Energiewende und jene, die wissen, was wieviel kostet und was machbar ist. Hanspeter Eicher zum Beispiel. Er ist Verwaltungsratspräsident eines Planungsunternehmens für Energie- und Gebäudetechnik mit 130 Mitarbeitern. Die Energiestrategie des Bundesrates gehe in die richtige Richtung, sagt er. «Aber sie geht zu wenig weit.»
Wie viel Subvention braucht es?
Die Ziele des Bundesrats seien gut, so Eicher. Doch bei den politischen Rahmenbedingungen, wie sie dem Bundesrat vorschweben, um einen CO2-Ausstoss von einer Tonne pro Einwohner und Jahr zu erreichen, sehe er noch Defizite.
Eicher hat durchgerechnet, wie die bestehenden, alten Gebäude der Schweiz mit heute schon bewährter Technik umgebaut werden könnten. Und zwar so, dass sie bis in 60, 70 Jahren fast keine fossilen Energien mehr brauchen. Er rechnet mit Mehrkosten von 5 bis 20 Prozent gegenüber Öl- oder Gasheizungen.
Doch ohne sanften Druck, ohne höhere Lenkungsabgaben, würden diese Investitionen nicht getätigt, ist er überzeugt. Die Kantone seien gefordert, damit Elektroheizungen in den Gebäuden durch Heizungssysteme mit erneuerbaren Energien ersetzt würden.
Fernwärmenetze ausbauen
Als liberalen Unternehmer schmerze es ihn, Verbote zu fordern, aber er sehe keinen anderen Weg. Denn die Investitionen, die man in den nächsten Jahren tätige, wirkten sich bis weit in die kommende Generation aus. Und so sei es auch sinnvoll, in den grossen Städten jetzt Fernwärmenetze voranzutreiben und die Hausbesitzer zu verpflichten, sich früher oder später daran anzuschliessen.
Das sieht auch Hansruedi Schweizer so. Er ist der Chef eines Metallbau- und Solarunternehmens mit knapp 600 Mitarbeitern. «Es ist nicht der grosse Wurf», sagt er über die Energiestrategie des Bundes. Doch es sei der richtige Wurf für die heutige Zeit, denn er gebe Investoren und Unternehmen Planungssicherheit.
Für Schweizer ist es zentral, dass die Erhöhung der kostendeckenden Einspeisevergütung von 1,5 auf 2,3 Rappen pro verbrauchte Kilowattstunde im Parlament nicht wieder gekippt wird. Sonst reichten die Gelder zur Förderung der erneuerbaren Energien nur noch bis übernächstes Jahr.
Technische Fortschritte helfen mit
Wie auch immer die Politik entscheiden wird: In der Branche ist man der Meinung, dass sich in den letzten vier Jahren bereits so viel geändert hat, dass die Energiewende kaum mehr zu stoppen sei. Kurt Frei zum Beispiel schwärmt von neuen Fotovoltaikpanels in verschiedenen Farben, mit denen sich jetzt auch Fassaden ganz neu gestalten lassen.
Frei ist Geschäftsführer von Flumroc, einer Firma, die mit 260 Mitarbeitern Gebäudedämmungs-Platten herstellt. Er ist überzeugt, dass die neuen Möglichkeiten Bauherren und Architekten «beflügeln» werden und sie die Panels auch ohne spezielle Förderung in ihre Gebäude einbauen werden.
Es scheint, das Vertrauen der Praktiker in die Innovationskraft der Technik sei grösser als ihr Vertrauen in die Politik.