- Antibiotika gehören zu den wertvollsten Medikamenten, die wir kennen. Doch diese wirken nicht mehr so gut wie auch schon.
- Einige Bakterien haben auf natürliche Art eine Abwehr gegen Antibiotika entwickelt – sogenannte Antibiotika-Resistenzen.
- Das ist in der Medizin ein zunehmendes Problem. In der Schweiz wird deshalb intensiv geforscht.
- Nun wurde nach fünf Jahren eine erste Bilanz gezogen.
Die Schweiz hat einiges in die Antibiotikaresistenz-Forschung investiert. Zum Beispiel über ein vom Bund gefördertes nationales Forschungsprogramm, das über fünf Jahre gedauert und 20 Millionen Franken gekostet hat. Sarah Tschudin Sutter, Leiterin der Abteilung für Spitalhygiene am Universitätsspital Basel, zieht Bilanz: «Wir haben neue Erkenntnisse zu Quellen und Übertragungswegen antibiotikaresistenter Bakterien zum gezielteren Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin und zu neuen Kandidaten von Antibiotika bekommen.»
Starke Zusammenhänge zwischen Mensch, Tier und Umwelt
Unter anderem habe man auch gesehen, wie stark alles zusammenhängt – es geht nicht einfach nur um die Humanmedizin. «Tier, Mensch und Umwelt interagieren alle miteinander. Dies trägt zur weiteren Verbreitung von Antibiotikaresistenzen bei», so Tschudin Sutter.
Konkret heisst das: Resistenzen, die sich etwa in der Tiermast entwickeln können, wenn viele Tiere nahe zusammen leben. Eine Rolle spielt aber zum Beispiel auch der Import von resistenten Bakterien, etwa durch die Reisetätigkeit von Menschen.
Tier, Mensch und Umwelt interagieren alle miteinander. Dies trägt zur weiteren Verbreitung von Antibiotikaresistenzen bei
Um zu schauen, wie verbreitet resistente Bakterien sind, hat Sarah Tschudin Sutter mit ihren Forschungsteams in Basel das Abwasser untersucht. In 95 Prozent der Proben, die sie genommen haben, fanden die Forscherinnen und Forscher antibiotikaresistente Bakterien. «Das sind oftmals auch Bakterien, die uns einfach besiedeln und uns nicht krank machen, aber uns krank machen können. Zum Beispiel, wenn man im Spital ist aufgrund eines Unfalls, einer Fraktur oder wenn man eine Chemotherapie benötigt.»
Neue Entdeckungen auf Pflanzenblättern
Wichtig ist darum auch, neue Antibiotika zu entwickeln – auch das war ein Ziel des nationalen Forschungsprogrammes, sagt Markus Seeger. Er ist Professor am Institut für medizinische Mikrobiologie der Universität Zürich. «Es gab neue Medikamente, die schon fast einsatzbereit sind. Viele andere stehen aber auch völlig am Anfang, wo man in der Natur neue Substanzen entdeckt hat, die man erst in Miligramm-Massstab herstellen kann»
Es gab neue Medikamente, die schon fast einsatzbereit sind. Viele andere stehen aber auch völlig am Anfang
Dabei wendet man neue Technologien an, um Substanzen zu finden, die man früher nicht entdeckt hätte. «Man hat zum Beispiel gewisse Bakterien auf Blättern von Pflanzen gefunden, die neue Stoffe produzieren können. Denen ist man dank neuer Sequenziertechnologie auf die Schliche gekommen. Man gewann Einblick in das Genom dieser Bakterien und konnte so neue Produkte identifizieren.»
Revolutionäre Erkenntnisse hat das nationale Forschungsprogramm zu den Antibiotikaresistenzen keine gebracht – es bringt uns aber in kleinen Schritten vorwärts zu neuen Wirkstoffen und einem besseren Umgang mit Antibiotika.