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Schweizer Gerichtsverfahren Zu den Foltervorwürfen aus Algerien wird es kein Urteil geben

Das Bundesstrafgericht kam nicht voran – inzwischen ist der beklagte Ex-Aussenminister Algeriens gestorben. Das Verfahren wird eingestellt.

Amar Rhabi erzählt in einem Video gegenüber der Schweizer Nichtregierungsorganisation Trial International, wie er während des algerischen Bürgerkriegs in den 1990er-Jahren gefoltert worden ist: «Die Polizisten legten mir einen mit Javelwasser getränkten Lappen aufs Gesicht, sodass ich beim Luftholen dieses Wasser einsaugte.»

Wenn die Polizisten mit einer Antwort nicht zufrieden waren, hätten sie das Gleiche mit Toilettenwasser wiederholt.

Anzeige in der Schweiz 2011

Der damalige algerische Verteidigungsminister Khaled Nezzar soll von solchen Foltermethoden gewusst oder sie sogar angeordnet haben. Als er 2011 in die Schweiz reiste, erstattete Trial International Strafanzeige wegen Kriegsverbrechen.

Algerischer Bürgerkrieg 1992-1999

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Zwischen 1992 und 1999 tobte in Algerien ein Bürgerkrieg. Die Regierung ging mit Folter, Masseninhaftierungen und Hinrichtungen gegen die islamistische Opposition vor.

Der Krieg endete mit der Zerschlagung der bewaffneten Terrorgruppen durch die algerischen Sicherheitskräfte. Während der blutigen Bürgerkriegsjahre sollen je nach Angaben zwischen 60'000 und 200'000 Menschen ums Leben gekommen sein.

Eigentlich wollte Amar Rhabi das, was er im Video gesagt hat, vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona aussagen. Doch das Verfahren gegen Nezzar wird eingestellt. So hat es das Bundesstrafgericht in einem jetzt publizierten Urteil entschieden.

Nezzar ist vergangenen Dezember verstorben. Und gegen Tote wird in der Schweiz nicht ermittelt. Völlig überraschend kam Nezzars Tod nicht: Er wurde 86 Jahre alt.

Mehrere uniformierte Personen in einem abgegrenzten Aussenbereich.
Legende: Der algerische Bürgerkieg dauerte von 1992 bis 1999. Dabei soll es auch zu Menschenrechtsverletzungen der staatlichen Sicherheitskräfte gekommen sein. Keystone/Archiv

Trotzdem hat sich die Bundesanwaltschaft zwölf Jahre Zeit gelassen, bis sie Anklage erhob. Sie wollte das Verfahren sogar einstellen, aber das Bundesstrafgericht zwang sie zum Weitermachen.

Verfahren dauerte sehr lange

Für Benoit Meystre von Trial International ist das unverständlich: «Das Gesetz verpflichtet die Bundesanwaltschaft, ernsthaft und zügig zu ermitteln.» Die Behörden hätten diese Vorgabe verletzt, weil das Verfahren so lange gedauert habe.

Doch das Bundesstrafgericht kommt in seinem Entscheid zu einem anderen Schluss: Das Verfahren habe nicht zu lange gedauert. Es sei für die Bundesanwaltschaft schwierig gewesen, Taten zu untersuchen, die historisch und geografisch so weit weg lägen.

Zudem habe Algerien keine Rechtshilfe geleistet. Und dann sei auch noch die Corona-Pandemie dazwischengekommen.

Der Einstellungsentscheid ist schockierend.
Autor: Benoit Meystre Mitarbeiter der NGO Trial International

Die Opfer überzeugen diese Argumente nicht. Laut Meystre hat es zahlreiche Phasen gegeben, in denen die Bundesanwaltschaft nichts getan hat. «Für uns ist der Entscheid schockierend», sagt er jetzt.

Schweiz soll bezahlen

Die Privatkläger seien bereit, weiterzukämpfen, damit die Rechtsverweigerung, die sie erlitten hätten, von einem höheren Gericht anerkannt werde.

Meystre verlangt dafür eine Entschädigung – und zwar nicht vom Angeklagten Nezzar, sondern von der Schweiz, denn sie habe das Beschleunigungsgebot verletzt.

Das Bundesstrafgericht bestätigt, dass zwei Beschwerden bezüglich Genugtuungen eingegangen sind. Die Einstellung des Verfahrens gegen den toten Ex-Minister hingegen wurde nicht angefochten.

Von Radio SRF konfrontiert mit der Kritik, schreibt die Bundesanwaltschaft: Verfahren im internationalen Strafrecht seien komplex. Der neue Bundesanwalt Stefan Blättler habe das internationale Strafrecht ab 2022 aber zu einer Priorität gemacht.

Rendez-vous, 22.7.2024, 12:30 Uhr

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