Fernsehbilder mit riesigen Gentech-Sojaplantagen aus Lateinamerika sind bestens bekannt – Monokulturen bis zum Horizont. Doch gibt es in Brasilien auch Landwirte, die gentech-freie Soja anbauen. Damit erzielen sie sogar einen besseren Preis.
Denn diese gentechnikfreien Produkte sind bei den Konsumenten in Europa gefragt. Nutztiere in der Schweizer Landwirtschaft bekommen ausschliesslich Gras und Heu von der Weide zu fressen – und Futtermittel aus gentech-freiem Getreide, erklärt Stefan Kohler, Direktor der Branchenorganisation Milch. In die Schweiz werden heute gar keine Gentech-Futtermittel importiert. «Deshalb können wir mit 100-prozentiger Sicherheit sagen, dass keine gentechnisch veränderten Futtermittel eingesetzt werden.»
Mehrkosten für Schweizer Bauern
Um reine, gentech-freie Soja einzuführen, nehmen die Schweizer Bauern Mehrkosten von etwa 35 Millionen Franken im Jahr auf sich. Dennoch ist das Tierfutter nicht zu 100 Prozent frei von Gentechnik. «Weil Vitamine oder Enzyme, die aus Gentechnik-Produktion stammen, in den Futtermittel enthalten sein können, ist man diesbezüglich sehr exakt», bedauert Kohler. Deshalb gelte für das ganze Futtermittel, dass es nicht als gentech-frei deklariert werden könne.
Wenn man explizit ausloben will, dass keine Gentechnik in einem Lebensmittel vorhanden ist, muss das auch stimmen.
Für Konsumentenschützerin Sara Stalder ist dies auch richtig so: «Das ist eine Irreführung, wenn man sagen würde, dass dies gentech-freie Milch sei.» Wenn es um Gentechnik in Lebensmitteln gehe, seien die Leute sehr sensibel, sagt die Direktorin der Stiftung für Konsumentenschutz. «Wenn man explizit ausloben will, dass keine Gentechnik in einem Lebensmittel vorhanden ist, muss das auch stimmen. Viele Leute verlassen sich darauf, weshalb es dort keine Toleranz gibt.»
Unterschiedlich lange Spiesse in Europa
Das Problem der Schweizer Milchbranche liegt im umliegenden Europa. Dort dürfen die genau gleich hergestellten Milchprodukte nämlich als gentech-frei beworben werden.
Wir sollten hier nicht päpstlicher als der Papst sein.
Das gleiche Jogurt, dass im Ausland mit der Aufschrift «GVO-freie Fütterung» verkauft werde, stehe in der Schweiz ohne Vermerk in den Regalen, ärgert sich Kohler. Dadurch könne der Eindruck entstehen, dass in der Schweiz Gentech-Futter eingesetzt werde – was allerdings nicht der Fall sei. «Wir sollten hier nicht päpstlicher als der Papst sein», so Kohler.
Mit Vorstössen im Parlament setzt die Milchlobby nun Druck auf den Bundesrat auf, um die entsprechende Verordnung zu lockern. Ein Entscheid des Bundesrats wird in den nächsten Wochen erwartet.