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Älterer Mann mit Glatze in Anzug-
Legende: Valtentin Landmann ist der Anwalt von Daniel M. in der Schweiz. Keystone Archiv

Schweizer Spion vor Gericht «Eine gewaltige Schande für die Schweiz»

Der Schweizer Anwalt von Daniel M., Valentin Landmann, nimmt im Interview kein Blatt vor den Mund. Die Schweiz habe seinen Mandanten fallen gelassen.

SRF News: Wenn Daniel M. heute tatsächlich ein umfassendes Geständnis ablegt, könnte er schon bald freikommen. Wird er sich darauf einlassen?

Valentin Landmann: Daniel M. geht darauf ein und wird heute eine sogenannte Einlassung vornehmen. Das heisst, er nimmt detailliert Stellung zu allen Vorwürfen, was ein praktisch umfassendes Geständnis bedeutet.

Der deutsche Staatsanwalt will auch wissen, wohin Geld geflossen ist, und sie will Namen hören. Kann Daniel M. denn mehr sagen, als er bisher gesagt hat?

Er kann die Aufträge umschreiben und die Personen in diesem Zusammenhang nennen. Auch kann er den Weg des Geldes beschreiben. Mehr kann ich dazu im Moment nicht sagen.

Im Gegenzug soll Daniel M. eine bedingte Strafe von bis zu zwei Jahren erhalten. Wird dieser Deal zustande kommen?

Die Chancen für eine einvernehmliche Lösung sind gut. Das letzte Wort hat allerdings der Richter. Er muss sagen, ob er mit den Aussagen zufrieden ist, er muss das Urteil fällen. Sicher wird noch zu klären sein, wie viel Geld Daniel M. überhaupt erhalten hat und wohin das Geld geflossen ist. Auch ist noch offen, wie hoch die Auflage für ihn sein wird. Bislang ist diese mit 50'000 Euro angesetzt.

Die Schweiz lässt ihren beauftragten Agenten allein im Regen stehen und hilft ihm in keiner Weise.

Man hat den Eindruck, die Behörden auf deutscher wie auf Schweizer Seite seien froh, wenn die Sache möglichst schnell vorbei ist. Könnte Daniel M. den Schweizer Nachrichtendienst noch belasten?

Beide Seiten sind sicher froh, wenn die Sache schlank erledigt werden kann, ohne dass alle Details in aller Mühe aufgerollt werden müssen. Auch politisch ist das sinnvoll. Allerdings handelt es sich um einen politischen Primeur: Die Schweiz lässt den von ihr beauftragten Agenten allein im Regen stehen und hilft ihm in keiner Weise. Vom Nachrichtendienst ist nicht der geringste Anstoss dazu gekommen, beispielsweise etwas an die Anwaltskosten zu bezahlen. Andere Länder verhalten sich in ähnlichen Fällen völlig anders.

Zweiter Prozesstag

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In Frankfurt am Main steht heute der mutmassliche Schweizer Spion Daniel M. vor Gericht. Er ist wegen «Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit» angeklagt. Der 54-Jährige wollte am ersten Prozesstag mit der Justiz einen Deal schliessen. Dafür verlangt sie ein vollumfängliches Geständnis. Dafür müsste der Mann nicht ins Gefängnis.

Der Nachrichtendienst begründet seine Weigerung, sich an den Kosten von Daniel M. zu beteiligen damit, dass dieser das geheimdienstliche Schweigegelübde gebrochen habe...

Daniel M. ist ein Verfahren hineingerutscht, nachdem er bei der Schweizer Bundesanwaltschaft bei der Abteilung Staatsschutz über seine Tätigkeit Auskunft gegeben hat. Dass die Akten dann an den deutschen Nachrichtendienst gelangten, kann man Daniel M. sicher nicht anlasten. Es ist eine gewaltige Schande für die Schweiz, dass man nicht zur von ihr beauftragten Person steht. Wenn Daniel M. fragwürdige Aufträge erhalten hat, ist das einzig die Verantwortung des Schweizer Nachrichtendienstes.

Wird Daniel M. schon heute freikommen – nach sechs Monaten in Untersuchungshaft?

Ich hoffe, dass das kurzfristig möglich ist. Ob das allerdings schon heute der Fall sein wird, muss ich offen lassen.

Das Gespräch führte Iwan Santoro.

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