Eigentlich wollte Michael Miles für ein paar Tage tauchen gehen. Er war auf dem Schiff «Sea Story» unterwegs, das insgesamt 31 Touristinnen und Touristen verschiedener Nationalitäten sowie 13 Besatzungsmitglieder beherbergte.
Das Schiff war am Sonntag, 24. November, von Port Ghalib in der Nähe von Marsa Alam im Südosten Ägyptens zu einer mehrtägigen Tauchexpedition aufgebrochen. Wenige Tage später sollte es die 200 Kilometer weiter nördlich gelegene Feriendestination Hurghada erreichen.
Vier Meter hohe Welle
Doch dann, in der Nacht auf den 25. November, brachte eine vier Meter hohe Welle das Schiff zum Kentern. Die Kabine von Miles füllt sich zur Hälfte mit Wasser. Er und sein finnischer Zimmerkollege sind gefangen.
Im Gespräch mit RTS sagt der 70-Jährige: «Ich denke immer noch: Hauptsache überleben». Er versuche, sich von den Ereignissen zu erholen, «körperlich und psychisch».
Inzwischen ist Miles wieder bei seiner Familie, im warmen Haus in Lausanne.
In Ägypten harrten er und sein Zimmerkollege fast 36 Stunden ohne Essen und Schlaf in der zur Hälfte mit Wasser gefüllten Kabine aus. «Wir versuchten, mit dem Körper so weit wie möglich über Wasser zu bleiben, um keine Unterkühlung zu riskieren. Trotzdem spürte man die Kälte», erzählt er.
Miles und der Finne hätten immer wieder nach schwimmenden Gegenständen gegriffen, um ihre Hände abzulegen und sie so trocken zu halten.
Rettung erst nach fast 36 Stunden
Plötzlich sah Michael Miles ein helles Licht, mitten in der Nacht. «Ich dachte, ich halluziniere. Dann hab ich den Lichtstrahl wieder gesehen.»
Er und sein Zimmerkollege wurden gerettet. Die beiden Überlebenden kamen in ein Spital. Wie durch ein Wunder trägt Michael Miles nur kleine Blessuren vom Bootsunglück davon.
Angehörige waren besorgt
Die Angehörigen von Michael Miles warten noch Stunden auf eine Nachricht von ihm. Seine Tochter, Maureen Miles, berichtet: «Wir wussten dann, dass er überlebt hatte. Aber nicht, ob er verletzt war – überhaupt in welchem Zustand er sich befand.» Sie hätten sich gefragt, ob er traumatisiert, unter Schock oder vielleicht schwer verletzt war.
Seine Ehefrau Nadine Miles ergänzt: «Überhaupt keine Nachricht zu haben, ist schlicht unmenschlich für die Angehörigen.»
Sechs Menschen tot geborgen
Von insgesamt 44 Menschen an Bord wurden 33 gerettet und sechs Menschen tot geborgen. Fünf gelten noch als vermisst.
Zur Unglücksursache ist bisher wenig bekannt. Die ägyptischen Behörden berichteten, dass das Schiff innerhalb von fünf bis sieben Minuten gesunken sei, nachdem es von der Welle getroffen worden war.
Das Boot, das im Frühjahr eine Inspektion durchlief, habe keine technischen Mängel gehabt, so die Behörden.
Der Lausanner Michael Miles lässt sich durch seine Erlebnisse nicht vom Tauchen abhalten. Er habe bereits geplant, bald wieder ins Wasser zu gehen, erzählt der 70-Jährige gegenüber RTS.