Zum ersten Mal ist in diesem Jahr zu beobachten, dass die Bäume nicht nur wie alle Pflanzen unter Trockenheit leiden. Sie tragen darüber hinaus nachhaltige Schäden wegen des Wasserdefizits davon.
Die Wurzeln der Bäume holen Wasser aus dem Boden – Leitgefässe transportieren es zu den Blättern. Die Wurzeln und Leitgefässe müssen den Baum über viele Jahre mit Wasser versorgen.
Wenn sie auf Trockenheit reagieren, wirkt sich das längerfristig aus. Deswegen sei für einen Baum nicht nur das aktuelle Wetter entscheidend, erklärt Roman Zweifel von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.
Ein Baum bildet kleinere und weniger Blätter im nächsten Jahr, wenn es dieses Jahr trocken ist.
«Ein Baum bildet kleinere und weniger Blätter im nächsten Jahr, wenn es dieses Jahr trocken ist», so Zweifel. Damit habe der Baum weniger Leitgefässe, eventuell auch weniger Wurzelstrukturen, die Wasser aufnehmen können. All diese Auswirkungen würden allerdings erst in den Folgejahren als negativer Faktor auftreten.
Bäume wachsen langsamer
Ein Effekt, der sich dieses Jahr besonders deutlich zeigt: Praktisch alle Bäume, die die Forschungsanstalt beobachtet, wachsen derzeit langsamer. «Das lässt sich mit den diesjährigen Wetterbedingungen nicht erklären, weil es für die Bäume genügend Wasser gibt», sagt Zweifel. Zumal die Bäume bei den aktuellen Temperaturen eigentlich sogar besser wachsen könnten.
Für die Forschenden bestehen keine Zweifel, dass die Trockenheit der Vorjahre schuld ist am langsameren Wachstum der Bäume. Langsames Wachstum heisse nicht, dass ein Baum bald abstirbt, sagt Roman Zweifel. Es sei aber ein Hinweis auf ein gestresstes System. «Wenn dann wieder Trockenheit käme oder ein anderer Stressfaktor, kann das wiederum einen negativen Einfluss haben.»
Immerhin: Der Regen in dieser Woche tue den Bäumen gut und helfe ihnen, ihre Wasserversorgung leistungsfähiger zu machen. So wären sie zumindest für nächstes Jahr wieder besser gerüstet.
Bäume als Schutz vor Erosion
Die Bäume in der Schweiz wachsen aktuell also nicht so schnell, wie sie sollten. Was bedeutet das für die Schweizer Wälder?
Für Benno Schmid, Sprecher von Wald Schweiz, dem Verband der Waldeigentümer, ist klar: Schwache Bäume will man nicht im Wald, denn Wälder sollen auch Schutz vor Erosionen bieten. «Das kann ein Baum, der nicht gut wächst, der nicht gut im Boden verankert ist, nicht mehr leisten», sagt Schmid.
Nadelwälder werden immer mehr durch Laub- und Mischwälder abgelöst.
Ein Stück weit passen sich die Wälder von selbst den veränderten Bedingungen an. So würden insbesondere im Mittelland oder in den tieferen Lagen mehr und mehr Nadelbäume verschwinden. «Nadelwälder werden immer mehr durch Laub- und Mischwälder abgelöst», stellt Schmid vom WSL fest.
Doch das passiert nicht von heute auf morgen. «Was heute im Wald gepflanzt wird, wird in etwa einer Generation geerntet. Das heisst, wir sprechen von einem Wandel von etwa 50 bis 60 Jahren, bis sich der Wald an diese neuen Herausforderungen angepasst hat», so Schmid weiter.
Daher sei klar: Der Mensch muss nachhelfen, damit unsere Wälder wegen der Trockenheit nicht nachhaltig geschwächt werden.