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Selbstjustiz im Tessin Jugendliche jagen mutmassliche Pädophile: Das ist bekannt

Im Tessin haben 19 Jugendliche eigenmächtig Männer attackiert, die sie für Pädophile hielten. Nun drohen ihnen Strafen.

Worum geht es? Die Tessiner Polizei hat 19 Jugendliche verhaftet, weil sie in Selbstjustiz Jagd auf mutmasslich pädophile Männer gemacht haben. Sie haben sich mit den Männern verabredet und sie dann «bestraft», wie die Jugendlichen sagen. Nun stehen sie selbst vor Gericht.

Wer sind die Jugendlichen? Zu den Beschuldigten ist nicht viel bekannt. Die Gruppe besteht aus 19 Jugendlichen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren. Ihr Vorbild war offenbar der 2020 verstorbene Neonazi Maxim Marzinkewitsch. Der Russe hatte die Gruppe «Occupy Pedophilia» gegründet. Ein Ziel der Gruppe war die Bekämpfung der Pädophilie. Die Jugendlichen im Tessin kopierten die Methoden der Gruppe, um gegen Männer vorzugehen, die sie für pädophil hielten.

Kinder spielen bei Nacht im Freien unter einer Strassenlaterne.
Legende: Die beschuldigten Jungen haben sich von der harten Selbstjustiz der «Occupy Pedophilia» inspirieren lassen. Keystone/CHRISTOF SCHUERPF (Symbolbild)

Was ist passiert? Die Jugendlichen arrangierten über Plattformen wie Instagram oder Tinder Treffen mit Männern, die sie verdächtigten, sexuelle Kontakte mit Minderjährigen zu suchen. Die mutmasslichen Täter wurden in Parks oder Wohnungen in Lugano gelockt, wo die Jugendlichen sie körperlich und verbal angriffen. «Einige der Männer wurden malträtiert, bepinkelt oder mit Exkrementen beschmiert. Einige wurden erpresst, es wurde Geld verlangt, damit man sie dann freilässt», führt Gerhard Lob, Journalist im Tessin, aus. Die Männer konnten dann meistens irgendwann flüchten.

Was sagen die Jugendlichen? Die Jugendlichen begründeten ihr Handlung unter anderem damit, dass die Behörden ihrer Ansicht nach zu wenig gegen Pädophile unternehmen und die Strafen zu lasch ausfallen. Auch behaupten einige, sie hätten erfolglos versucht, die Männer anzuzeigen. Es ist unklar, ob das stimmt oder nicht. 

Person betrachtet Smartphone mit Social-Media-Apps.
Legende: «Meistens jagen wir Pädophile, die auf Instagram Mädchen schreiben. Wir machen mit ihnen ab, treffen sie, und lassen es sie spüren», sagte ein anonymer Jugendlicher in einem Radiointerview im Mai. imago images/NurPhoto/Jaap Arrien (Symbolbild)

Was droht den Jugendlichen? Den Jugendlichen wird Körperverletzung, Angriff, Nötigung, Raub, Freiheitsberaubung und Erpressung vorgeworfen. Da es sich um Minderjährige handelt, ist die Jugendrichterin des Kantons Tessin in den meisten Fällen zuständig. Einige der Jugendlichen wurden kurzzeitig inhaftiert. «Die Jugendlichen müssen sich auf einiges gefasst machen», sagt Journalist Lob.

Was passiert mit den mutmasslichen Pädophilen? Eine der «Strafexpeditionen» habe mit der Festnahme eines geflüchteten Mannes geendet, sagt Lob. «Der Mann wurde letzte Woche zu einer bedingten Strafe verurteilt.» Weitere beschuldigte Männer würden nun überprüft.

Wie sind die Reaktionen? In den sozialen Medien stossen die Jugendlichen auf viel Verständnis. Es heisst, das eigentlich Schlimme seien schliesslich die mutmasslichen Pädophilen. Von Behördenseite im Tessin wird diese Art der Selbstjustiz aber kritisiert. In einem Kommentar der Tessiner Zeitung «Corriere del Ticino» wurde betont, dass es sich bei den Jungen selbst um Kriminelle handle, wenn sie solche Taten begingen.

SRF 4 News, 14.10.2024, 6:14 Uhr ; 

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