- Die Schweiz nimmt die Ausschaffungen von abgewiesenen Asylsuchenden nach Afghanistan wieder auf. Das bestätigte das Staatssekretariat für Migration (SEM) gegenüber SRF.
- Konkret sollen 144 Afghaninnen und Afghanen in ihr Heimatland zurückgeführt werden.
- Menschenrechtsorganisationen üben scharfe Kritik. Denn Afghanistan gilt als eines der gefährlichsten Länder der Welt.
Ausschaffungsflüge nach Afghanistan sollen ab sofort wieder stattfinden. Die Schweiz und andere europäische Staaten nehmen im Einverständnis mit der afghanischen Regierung die Rückführungen wieder auf, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) gegenüber SRF bestätigt.
Die Sicherheit der betroffenen Personen sei gewährleistet, betont Mediensprecher Lukas Rieder. «Das SEM prüft bei jedem einzelnen Fall, bei jeder einzelnen Person wirklich haargenau und detailliert, ob diese Person persönlich bedroht oder verfolgt ist.» Wenn das der Fall sei, könne diese Person in der Schweiz bleiben und werde als Flüchtling anerkannt. «Wenn das nicht der Fall ist, dann ist eine Rückweisung nach Afghanistan möglich.»
Amnesty erachtet weiterhin jede Abschiebung nach Afghanistan als eine klare Menschenrechtsverletzung.
Dennoch: Für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Schweiz ist das Vorgehen unhaltbar. «Der Entscheid ist unverantwortlich. In Afghanistan herrscht eine extrem prekäre Sicherheits- und Menschenrechtslage», sagt Alicia Giraudel, Asylexpertin bei Amnesty International Schweiz.
Amnesty erachte weiterhin jede Abschiebung nach Afghanistan als eine klare Menschenrechtsverletzung, so Giraudel. «Niemand sollte derzeit nach Afghanistan zurückgeschafft werden.»
Afghanistan gilt als eines der gefährlichsten Länder der Welt. Krieg ist seit Jahrzehnten ein Dauerzustand. Mit dem begonnenen Abzug der Nato-Truppen aus dem Land befürchtet die Bevölkerung eine Zunahme der Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, weil die radikal-islamistischen Taliban wieder an Macht gewinnen dürften.
SEM-Sprecher Rieder relativiert: «Der Truppenabzug ist seit langem bekannt. Natürlich ist das ein wichtiger Faktor, den das SEM bei seiner Asyl- und Wegweisungspraxis berücksichtigt.» Doch im Asylverfahren werde abgeklärt, dass eine Person, die zurückgeführt wird, nicht persönlich verfolgt oder bedroht ist. «Deshalb spielt in diesen Fällen der Truppenabzug keine Rolle.»
Angriffe auf Zivilisten dokumentiert
Alicia Giraudel von Amnesty International Schweiz widerspricht. Das Staatssekretariat für Migration könne keine Garantien abgeben, dass einer Person im Einzelfall nichts zustösst. «Der Nato-Truppenabzug droht die Sicherheitslage in Afghanistan weiter zu verschärfen. In den letzten Monaten haben wir entsetzliche Angriffe auf Schulkinder, medizinisches Personal, humanitäre Helfer aber auch Zivilisten dokumentiert. Es gibt keine Garantien für den Schutz der Menschen», betont die Asylexpertin.
Derzeit befinden sich laut SEM 144 abgewiesene Asylsuchende aus Afghanistan in der Schweiz, welche in ihr Heimatland zurückgeführt werden sollen. Wann diese Ausschaffungsflüge durchgeführt werden, gibt das SEM nicht bekannt.