«Jetzt realisieren wir, worauf wir uns eingelassen haben», sagt Rolf Düggelin, Jahrgang 1952 aus Scherz im Kanton Aargau. In einem Viererteam will er im Juni 2024 von Monterey in Kalifornien nach Hawaii rudern.
Alle vier Teilnehmer im Team Wise Swiss Rowers werden beim Start der 4500 Kilometer langen Pacific Challenge über 70 Jahre alt sein. Sie wollen beim Rennen zeigen, dass man im Pensionsalter noch nicht zum alten Eisen gehört.
«Gesucht: topfite Rentner»
Ein Dokumentarfilm über Ruderer im Atlantik (siehe unten) hat bei ihm eine Flamme entzündet. Monatelang habe er danach überlegt: Wäre das auch etwas für mich? Bin ich zu alt? Nach intensivem Studium und Gesprächen mit Teams, welche ähnliche Rennen absolviert haben, sei die Flamme immer grösser geworden, erzählt Düggelin.
Darum hat er ein Zeitungsinserat geschaltet: «Gesucht: vier bis sechs topfite Rentner. Und es haben sich ein paar gemeldet.» Einige Interessierten hätten sich aber zurückgezogen, nachdem sie mit ihrem Arzt gesprochen haben.
«Am Schluss sind wir nun vier. Und wir sind überzeugt, dass wir es packen.» Das Training und die Vorbereitungen hätten das zusammengewürfelte Team unterdessen zusammengeschweisst.
Ab 50 wird aussortiert
Alle vier beschäftige, dass im Arbeitsleben Menschen über 50 Jahre «zum Teil gnadenlos aussortiert werden. Dass man das Gefühl hat, die schaffen es nicht mehr, sind zu wenig leistungsfähig oder -willig. Wir wollen den Gegenbeweis antreten», erklärt der Initiator die Motivation.
Natürlich könne es Gründe geben, dass jemand aus dem Team nicht an den Start könne – medizinische zum Beispiel. Darum suchen die Wise Swiss Rowers Ersatzleute, die im Notfall kurzfristig einspringen könnten.
Zu den Vorbereitungen gehören Trainings auf und neben dem Wasser, medizinische Abklärungen, Fitness- und Beweglichkeitstraining oder auch Yoga. Dazu kommen Kurse in Hochseeschifffahrt, Navigation oder Überleben auf dem Meer. Gerade wegen ihres fortgeschrittenen Alters sei die Vorbereitung besonders wichtig, meint Rolf Düggelin.
Alle zwei Stunden wird gewechselt
Rund neuneinhalb Meter lang und 1200 Kilogramm schwer (inklusive Mannschaft und Ausrüstung) ist das Boot der Aargauer Ruderer. Gewechselt wird im Zwei-Stunden-Takt: Zwei Stunden rudern, zwei Stunden ausruhen. Schlaf gibt es maximal 90 Minuten am Stück.
Gegessen wird gefriergetrocknete Beutelnahrung. Die Ruderer haben einen Bedarf von täglich 5000 bis 7000 Kilokalorien pro Person. Gerechnet wird, dass die Überfahrt von Kaliforniern nach Hawaii 40 bis 60 Tage dauert.
Seekrankheit und Haie
Nervös sei er nicht. Zwei Dinge beschäftigten ihn aber momentan. Das eine ist die Seekrankheit. Das könne man kaum abschätzen. Er sei bisher aber noch nie seekrank geworden.
Das andere ist Putzen des Boots. Alle paar Tage muss der Bootsrumpf von Muscheln und Algen befreit werden, da diese den Widerstand erhöhen. Darum muss jemand aus dem Team untertauchen für die Reinigung.
«Wenn ich in den 10'000 Meter tiefen und stockfinsteren Pazifik rausspringe: Da hat es noch mehr Haifische als im Atlantik. Was mache ich, wenn ich einem Hai begegne? Die Seekrankheit und die Haie: Diese beiden Punkte gehen mir schon ab und zu durch den Kopf.»