Der Bundesrat spricht vom «besten Service public» der Welt. Für die Initianten des Begehrens «Pro Service public» war das einmal so: SBB, Post und Swisscom seien heute auf Kosten ihrer Grundversorgungsaufträge zu gewinnorientiert. Sie bemängeln einen massiven Abbau von Poststellen, immer teurere Bahn-Billette und Höchsttarife bei der Swisscom.
Künftig sollen die drei Konzerne im Bereich der Grundversorgung deshalb nicht mehr nach Gewinn streben, die Löhne und Honorare jenen der Bundesverwaltung anpassen und Transparenz über die Kosten für die Service-public-Leistungen schaffen.
Streitpunkt Initiativtext
Ein wesentlicher Streitpunkt in der «Abstimmungsarena» war die Auslegung des Initiativtextes zur Forderung einer Beschränkung der Löhne in den Bundesbetrieben. Bundesrätin Doris Leuthard zeigte Verständnis dafür, dass der Lohn des SBB-Chef Andreas Meyer wesentlich höher ist als ihr Bundesratsgehalt. Im Vergleich zur Privatwirtschaft sei dieser «sogar eher tief». Die Vorsteherin des UVEK stört sich viel mehr daran, dass der Initiativtext vorschreibt, dass alle Mitarbeiter der Bundesbetriebe nicht mehr als jene der Bundesverwaltung verdienen dürfen.
Auch SP-Nationalrat Corrado Pardini kritisierte den Text der Initiative, dieser sei «schlecht formuliert». Als Gewerkschafter sei er von Lohnexzessen auch nicht begeistert. Doch richte sich der Text nicht explizit an die Chefpositionen: 7000-8000 Personen mit ausgehandeltem GAV könnten von der Lohnbeschränkung betroffen sein, was einer «Sabotage der Sozialpartnerschaft» gleichkäme. Löhne müssten in den Betrieben verhandelt werden, das Parlament sei hierfür zu «ideologisch», so Pardini.
Initiant Matteo Cheda hielt entgegen, dass man alle Angestellten der drei Bundeskonzerne berücksichtigen müsse, also rund 110'000 Personen. «Wenn man das eingesparte Geld umverteilen würde, dann könnte man jedem einzelnen Pöstler 100 Franken mehr pro Monat zahlen», fügte er als konkretes Beispiel an.
Daniel Engler von der EDU – die einzige Partei, welche die Initiative unterstützt– unterstrich, dass die grosse Mehrheit der Angestellten der Bundesbetriebe weniger verdienen würde als jene der Bundesverwaltung – man also nicht sagen könne, die Initiative kürze «allen» Angestellten den Lohn. Initiant Peter Salvisberg warf Pardini ausserdem entgegen, dass drei Jahre Zeit gewesen wäre, um einen Gegenvorschlag auszuarbeiten und den bemängelten Initiativtext in Ordnung zu bringen.
Wie wichtig sind die Gewinne?
Salvisberg bezeichnete SBB, Post und Swisscome als «Blackboxes»: Es herrsche keine Transparenz darüber, in welchen Geschäftsbereichen die Gewinne erzielt würden. «Es weiss heute niemand, wie viel die Postfinance den Poststellen abliefern muss», kritisierte Salvisberg. Die Initiative wolle deshalb, dass für die Leistungen in der Grundversorgung konkrete Zahlen ausgewiesen werden müssen. Zudem soll im Bereich der Grundversorgung nicht nach Gewinn gestrebt werden.
Der Bündner Regierungsrat Jon Domenic Parolini (BDP) hingegen betonte, dass auch im Servic public Gewinne möglich sein müssen: Nur so könne mehr investiert, und auch dezentrale Orte unterstützt werden. Doris Leuthard betonte, wie wichtig Gewinne zudem für den Bund seien. So verdiene der Bund im Falle der Swisscom rund 500 Millionen Dividenden. Diese wichtigen Einnahmen seien durch die Initiative bedroht. Zum Vorwurf der Intransparenz rief die Bundesrätin in Erinnerung, dass bei der Post der Grundversorgungsauftrag ganz klar festgelegt sei. Bei der SBB werde im Rahmen des Bahnfonds (FABI) bestimmt, was deren Auftrag ist.
Initiant Cheda stimmte zu, dass ein Ja weniger Geld für die Bundeskasse bedeuten würde. Dieses Geld fliesse aber in den Service public. Für Pardini geht diese Umverteilung nicht auf: «Mit dieser Initiative wird kein Zug pünktlicher, kein WC weniger verstopft und kein Bahnwagen sauberer», so der SP-Nationalrat.