Zum Auftakt der Herbstsession beugte sich der Nationalrat ein weiteres Mal über das neue Nachrichtendienstgesetz. Bereits beschlossen waren erweiterte Kompetenzen zum Abhören von Telefonen, Verwanzen von Privaträumen und Eindringen in Computer.
Nun ging es vor allem noch um die Schaffung einer unabhängigen Kontrollinstanz, wie sie die kleine Kammer bereits im Frühling ins Gesetz aufgenommen hatte. Der neue Vorschlag blieb im Nationalrat weitgehend unbestritten, wobei sich die Räte in der Formulierung noch nicht ganz einig sind.
Der Nationalrat regelte auch schon die Einzelheiten. So soll der Bundesrat die Behörde einsetzen und die Leitung wählen. Im Gesetz soll ferner verankert werden, dass die Aufsichtsbehörde Zugang zu allen Informationen und Unterlagen erhält und ihre Tätigkeit mit der parlamentarischen Aufsicht koordiniert.
Auch für Kabelaufklärung gültig
Weiter beschlossen beide Räte, dass die bestehende Kontrollinstanz für die Funkaufklärung künftig auch die sogenannte Kabelaufklärung beaufsichtigt. Nach dem neuen Gesetz wäre es dem Nachrichtendienst nämlich erlaubt, grenzüberschreitende Signale aus Internetkabeln zu erfassen. Damit könnte ins Visier des Nachrichtendienstes geraten, wer bestimmte Begriffe googelt oder in E-Mails erwähnt.
Kein Gehör fand im Nationalrat eine Minderheit, welche auch die elektronischen und digitalen Beschaffungsmassnahmen der Kontrollinstanz unterstellen wollte. Der Antrag fiel mit 114 zu 67 Stimmen durch.
Nachrichtendienst darf keine Personen anhalten
Nun ist das neue Gesetz auf der Zielgeraden, nachdem sich der Nationalrat in weiteren Punkten dem Ständerat angeschlossen hat. So darf auch künftig nur die Polizei Personen anhalten. Will der NDB jemanden anhalten, muss er die Polizei einschalten.
Richterliche Erlaubnis bleibt umstritten
Umstritten bleibt vorerst, für welche Massnahmen der Nachrichtendienst eine richterliche Erlaubnis einholen muss. Klar ist, dass Massnahmen wie das Verwanzen von Privaträumen oder das Eindringen in Computer im Inland genehmigungspflichtig wären.
Zustimmen müssten jeweils der Präsident der zuständigen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts und der Verteidigungsminister. Nach dem Willen des Ständerates soll auch dann ein Richter zustimmen müssen, wenn der Nachrichtendienst in Computer im Ausland eindringt. Das lehnte der Nationalrat jedoch ab.
«Angriffskriege» im Internet
Aus Sicht der grossen Kammer wäre das Eindringen in Computer im Ausland faktisch gar nicht möglich, wenn ein Gericht seine Zustimmung geben müsste. Ein Gericht könnte einer solchen Massnahme auf fremdem Territorium nämlich niemals zustimmen. Das hatte auch Verteidigungsminister Ueli Maurer zu bedenken gegeben.
Eine links-grüne Minderheit zog daraus den Schluss, dass das Eindringen in Computer im Ausland gar nicht zugelassen werden dürfe. Balthasar Glättli (Grüne/ZH) sprach von einer «dicken roten Linie», die überschritten werde, wenn dem Nachrichtendienst «Angriffskriege» im Internet erlaubt würden. Der Rat lehnte den Streichungsantrag aber mit 128 zu 59 Stimmen ab.
Entscheid nicht immer beim Bundesrat
Der Nationalrat blieb auch dabei, dass der Bundesrat den Entscheid über das Eindringen in Computer an den Verteidigungsminister oder den Chef des Nachrichtendienstes delegieren kann. Der Ständerat möchte, dass in jedem Fall der Bundesrat entscheidet.
Anders als der Ständerat will der Nationalrat auch nicht das gesamte Nachrichtendienstgesetz, sondern nur die Informationsbeschaffung vom Öffentlichkeitsprinzip ausnehmen.
Das Gesetz könnte dennoch in der Herbstsession unter Dach und Fach kommen. Es geht nun zurück an den Ständerat. Das letzte Wort dazu dürfte das Volk haben, denn die Gegner des Gesetzes wollen das Referendum ergreifen.