Mit einer Stimme Unterschied haben die Parteien rechts der Mitte den Ärztestopp zu Fall gebracht. «Das ist dank unseres Wahlsiegs vom Herbst möglich geworden», konstatiert SVP-Nationalrat Jürg Stahl. «Jetzt bin ich zuversichtlich, dass wir uns mit der FDP zusammensetzen und ein bezahlbares Gesundheitswesen diskutieren können.»
CVP-Nationalrätin Ruth Humbel, eine Verliererin von heute, zeigt sich sehr enttäuscht: «Ausgerechnet die FDP und die SVP wollen keine Kostendämpfungsmassnahmen. Stattdessen unterstützen sie den freien Zugang ausländischer Ärzte in unser Gesundheitswesen.»
FDP gegen «Bürokratie und Kontrollstellen»
FDP und SVP erwidern, sie hätten andere Ideen, um die Kosten zu drosseln. Im Raum steht zum Beispiel die Idee, dass die Krankenkassen selbst entscheiden, welche Ärztinnen und Ärzte bei ihnen abrechnen dürfen – und welche nicht.
Das Problem der hohen Ärztedichte und der steigenden Kosten lasse sich nicht mit einer kosmetischen Massnahme lösen, sagte FDP-Fraktionschef Ignazio Cassis (TI) weiter.
Man könne noch so viele Steuerungsmechanismen mit zusätzlicher Bürokratie und Kontrollstellen schaffen und trotzdem kein vernünftiges Resultat erreichen. «Wir hatten vor 13 Jahren ein Kostenproblem und haben es immer noch. Wir hatten bisher also eine unwirksame Lösung», sagte der Präsident der Gesundheitskommission des Nationalrats.
Die Vorschläge der beiden Siegerparteien lauten folgendermassen:
- Der Plan der FDP: Das Rezept der FDP heisst flexible Preise. Schon im letzten Mai hat die Fraktion eine Motion eingereicht mit der Forderung, dass es den Vertragspartnern erlaubt werden soll, regional abgestufte Preise auszuhandeln. Nach der Logik von Angebot und Nachfrage würde das dazu führen, dass Mediziner in Gebieten mit hoher Ärztedichte für die gleiche Leistung weniger Geld erhalten als in Gebieten mit wenig Konkurrenz. Die FDP möchte auch Qualitätskriterien in die Preisgestaltung einfliessen lassen.
«Wir können das Problem der steigenden Kosten nicht angehen, wenn wir nicht bereit sind, uns mit den Preisen auseinanderzusetzen», sagte Cassis. Das werde den Ärzten nicht gefallen. Es lebe sich natürlich am besten in einem Markt mit fixierten Preisen und freiem Leistungsvolumen. «Doch dieses Paradies verursacht Probleme», sagte der FDP-Fraktionschef, der selber Mediziner ist. Wenn man ernsthaft etwas dagegen unternehmen wolle, könne man nicht nur Kosmetik machen.
- Der Plan der SVP: Die SVP will noch weiter gehen: Sie macht sich für die Vertragsfreiheit zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern stark. Die Versicherer müssten dann nicht mehr die Leistungen aller zugelassenen Ärzte decken, sondern nur noch jener, mit welchen sie einen Vertrag abgeschlossen haben.
Abschottung führe zu sinkender Qualität, sagte Gesundheitspolitiker Sebastian Frehner (BS). Qualität lasse sich nur mit Wettbewerb erreichen. «Gute Ärzte werden kein Problem haben, mit den Versicherern gute Verträge abzuschliessen», ist Frehner überzeugt. Härter würde es für jene, die die Qualitätsanforderungen nicht erfüllten. «In diese Richtung muss es gehen», sagte Frehner.
Bundesrat war für eine dauerhafte Lösung
Für eine dauerhafte Lösung hatte sich der Bundesrat eingesetzt. Er warnte vor einem raschen Kostenanstieg, falls die heute geltende Regelung Mitte 2016 ersatzlos auslaufen würde. Das Parlament habe den Kantonen die Möglichkeit genommen, ab Mitte nächstes Jahr 40 Prozent der Prämienkosten zu beeinflussen, liess sich Gesundheitsminister Alain Berset in einer schriftlichen Stellungnahme vernehmen.
Die letztmalige Aufhebung des Zulassungsstopps habe gezeigt, dass mit einem namhaften Zustrom von Spezialisten zu rechnen sei, was die Gesundheitskosten und damit die Prämien in die Höhe treiben werde.