Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich hatte im Nationalrat wie erwartet einen schweren Stand. Die grosse Kammer trat mit 122 zu 53 Stimmen bei 11 Enthaltungen erst gar nicht auf die Vorlage ein.
Die Parteien SVP, FDP, CVP und GLP votierten praktisch geschlossen gegen das Abkommen. SP und Grüne wollten auf das Abkommen eintreten. Die SP plante, den Vertrag an den Bundesrat zwecks Nachverhandlungen zurückzusenden. Die BDP enthielt sich grösstenteils.
«Kein Zustand besser als Vertrag»
Die bürgerlichen Politiker kritisierten die Konzessionen der Schweiz im Vergleich zum alten Abkommen aus dem Jahr 1955. Hauptargument gegen das neue Abkommen ist, dass die französischen Steuerbehörden neu bei Erbschaften von Franzosen auch Immobilien in der Schweiz besteuern könnten.
«Diese unvorteilhafte Regelung kommt einem Präjudiz gleich, das sich auch auf andere Staaten auswirken könnte», sagte SVP-Nationalrat Caspar Baader. Ein vertragsloser Zustand sei besser als dieser Vertag. «Wir wären das einzige Land, das Frankreich so viel Durchgriff gewährt», sagte Thomas Maier (GLP/ZH). Eine Doppelbesteuerung für gewisse Personen nimmt der Nationalrat somit in Kauf.
Kritik hauptsächlich aus der Westschweiz
Vor allem aus der Westschweiz kam viel Gegenwind. Die Befürchtungen gingen in zwei Richtungen: Zum einen glaubt man, dass sich wegen dem neuen Abkommen mit Frankreich künftig weniger Franzosen in der Schweiz niederlassen, weil sie ihr Vermögen nicht mehr steuerfrei weiter vererben dürften. Zum anderen macht man sich Sorgen um die Schweizer, die im benachbarten Frankreich leben.
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf warnte vergeblich vor einer Ablehnung, obwohl der Vertrag weniger vorteilhaft sei. «Es wird keine bessere Lösung geben. Frankreich will eigentlich keinen Vertrag.»
Weiter gab die Bundesrätin zu bedenken, dass für gewisse Personen ein vertragsloser Zustand zu einer Doppelbesteuerung führen könnte – zudem gäbe es keine Streitbeilegungsverfahren mehr.
Der bundesrätliche Appell verhallte ungehört im weiten Rund. Für die Finanzministerin war das aber keine Überraschung. «Also, ich war durchaus realistisch und nach dem Nationalrat kommt ja auch noch der Ständerat dran und dann werden wir sehen.»