Lange Zeit galt die Schweiz als sicherer Hafen für die gehorteten Millionenvermögen von ausländischen Potentaten, sogenannten politisch exponierten Personen (PEP). Im Zuge der Ereignisse um den Arabischen Frühling haben die Schweizer Behörden die Schraube in den letzten Jahren angezogen – obwohl ein Gesetz dazu fehlte.
Der Nationalrat hat nun als Erstrat über einen Gesetzesvorschlag des Bundesrats diskutiert. Dieser soll den Umgang mit unrechtmässig erworbenen Vermögen regeln und deren Sperrung und Rückgabe ermöglichen.
Die grosse Kammer beschloss mit 136 zu 54 Stimmen bei einer Enthaltung, die Vorlage anzunehmen. In mehreren Punkten folgte sie aber den Änderungsvorschlägen ihrer Rechtskommission.
Keine «Sippenhaft» für Angehörige
So sollen Vermögenswerte von Personen, die den fraglichen PEP nahe stehen, nur blockiert werden können, wenn diese an Geldwäscherei oder Korruption beteiligt waren. «Damit wird ausgeschlossen, dass wir in unserer Rechtsordnung eine Art Sippenhaft einführen», erklärte Christa Markwalder im Namen der FDP-Fraktion.
Mehrere Vertreter der SP und der Grünen hielten dagegen, dass diese Formulierung der international gängigen Definition, wie sie auch im Gesetz gegen Geldwäscherei vorkomme, widerspreche. «Wir brauchen in der Gesetzgebung eine gewisse Kohärenz», sagte auch Bundesrat Didier Burkhalter.
Berücksichtigung der Verjährung von Straftaten
Umstritten war insbesondere die Frage der Verjährung. Der Bundesrat hatte in seinem Vorschlag vorgesehen, dass keine Verjährung der Strafverfolgung geltend gemacht werden kann. Die Rechtskommission wollte jedoch, dass die Schweiz Gelder nur einziehen darf, wenn die Straftaten der Potentaten nicht verjährt sind.
Einige Redner verwiesen auf die Verfahren gegen den früheren haitianischen Machthaber Duvalier und den philippinischen Ex-Diktator Marcos. Beide hatten sich über Jahrzehnte hingezogen. Eine Verjährung hätte zum Abbruch dieser Verfahren geführt. Der Nationalrat stimmte der Abschwächung des Gesetzes dennoch zu.
Die Ratsmehrheit argumentierte mit rechtsstaatlichen Prinzipien, die auch hier eingehalten werden müssten. Das Geschäft geht nun weiter an den Ständerat.
Die eindrücklichsten Fälle von Potentaten-Geldern in der Schweiz
-
Bild 1 von 9. Ferdinand Marcos führte 1972 auf den Philippinen das Kriegsrecht ein. Verwandte und Freunde des Diktators und seiner Frau Imelda kontrollierten die Wirtschaft zu grossen Teilen und konnten so Millionen Dollar auf ausländische Bankkonten transferieren. Erst 2003 wurden in der Schweiz gesperrte Vermögen an die Philippinen überwiesen. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 2 von 9. Genannt wurde er «Baby Doc», der zwischen 1971 und 1986 diktatorisch regierende Präsident Haitis, Jean-Claude Duvalier. In seiner Regierungszeit hatte er zwischen 300 und 800 Millionen Dollar aus Haiti auf ausländische Bankkonten transferiert. Die Schweiz fror 2002 knapp acht Millionen Franken auf seinen Bankkonten ein. Bildquelle: Reuters.
-
Bild 3 von 9. 1993 übernahm Sani Abacha die Macht in Nigeria und führte eine Militärdiktatur ein. Nach seinem Tod wurden 1999 in der Schweiz mehrere Bankkonten von ihm entdeckt, auf denen rund 700 Millionen Dollar lagen. Abacha hatte während seiner Amtszeit mehr als eine Milliarde Dollar aus Erdöleinnahmen ausser Landes gebracht. Bildquelle: Reuters.
-
Bild 4 von 9. Joseph-Désiré Mobutu, genannt Mobutu Sese Seko, war von 1965 bis 1997 Präsident der Demokratischen Republik Kongo (Zaire). Als Regierungschef liess Mobutu Milliardenbeträge aus der Gewinnung von Bodenschätzen auf ausländischen Konten deponieren. Erst nachdem er hunderte Millionen abgezogen hatte, konnten Restbeträge in der Schweiz blockiert werden. Bildquelle: Reuters.
-
Bild 5 von 9. Zwischen 1990 und 2000 war Alberto Fujimori Präsident von Peru. Während seiner Amtszeit fungierte Vladimiro Montesinos als Chef des Geheimdienstes und war in der Lage, hohe Geldsummen ins Ausland zu transferieren. Im Februar 2013 konnten über 31 Millionen Dollar nach Peru zurückgeführt werden, die in der Schweiz und in Luxemburg deponiert waren. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 6 von 9. 1995 wurden in Genf die Frau von Raul Salinas und deren Bruder in einer Bank verhaftet, wo sie Geld abheben wollten. Zuvor hatte der Bund 118 Millionen Dollar auf Konten von Salinas beschlagnahmt. Das Geld von Raul Salinas, Bruder des mexikanischen Ex-Präsidenten Carlos Salinas, stammte aus Drogendelikten. 2008 ging 74 Millionen an Mexiko. Bildquelle: Reuters.
-
Bild 7 von 9. Die Umwälzungen in den arabischen Ländern nach 2010 führten im Maghreb (Nordafrika) zum Sturz der herrschenden autoritären Regime. 2011 blockierte die Schweiz nach dem Sturz des ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak 650 Millionen Franken auf Schweizer Konten. Die Massnahme war auf drei Jahre beschränkt. Bildquelle: Reuters.
-
Bild 8 von 9. Bei der Jasminrevolution in Tunesien flüchtete der damalige Machthaber Zine al-Abidine Ben Ali. 2011 wurden in der Schweiz 60 Millionen Franken aus dem Vermögen des Clans des gestürzten Staatspräsidenten eingefroren. Im April 2014 verfügte die Bundesanwaltschaft, rund 40 Millionen Dollar vorzeitig an Tunesien zurückzuerstatten. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 9 von 9. Im Februar 2014 sperrt die Schweiz Vermögen des gestürzten Präsidenten der Ukraine, Viktor Janukowitsch, und seiner Entourage. Rund 75 Millionen Franken werden auf Bankkonten eingefroren. Betroffen sind auch Vermögenswerte seiner zwei Söhne, des ehemalige Ministerpräsident Mykola Asarow und des Jung-Oligarchen Sergei Kurtschenko (Jahrgang 1985). Bildquelle: Reuters.