Es ist eine Geschichte über unversöhnliche Gegensätze: Auf der einen Seite steht der sozialdemokratische Gesundheitsminister Alain Berset, auf der anderen ein Parlament, das von den bürgerlichen Parteien angeführt wird.
Der Gesundheitsminister glaubt an den Staat: Er möchte das Krankenversicherungsgesetz (KVG) ändern, sodass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine neue Anlaufstelle schaffen kann. Diese würde zusammen mit Spitälern, Ärzten und Heimen an der Frage tüfteln, wie man die Qualität in der Medizin verbessern könnte. So sollen mehr Kunstfehler und Verwechslungen verhindert werden. Dies würde die Krankenkassenprämien in der Schweiz um 20 Millionen pro Jahr steigen lassen – das sind 3.50 Franken pro Person.
«Mehr Formulare und Kontrollen»
Nicht an den Staat glaubt dagegen CVP-Ständerat Konrad Graber. Er findet das vorgeschlagene «zentralistische Modell» unnötig. Ebenso unnötig sei der vorgeschlagene Zuschlag auf den Krankenkassenprämien zur Finanzierung der Anlaufstelle des BAG. Schon heute könne der Bund dafür sorgen, dass Ärzte weniger Fehler machten, dafür brauche es keine Gesetzesänderungen. Auch seien Ärzte schon heute dazu verpflichtet, gut zu arbeiten.
Das sei richtig, sagen andere Bürgerliche. «Die Leistungserbringer wollen nicht noch mehr Formulare und Kontrollen», sagt etwa FDP-Ständerätin Karin-Keller Sutter. Die Vorschläge führten im Endeffekt nicht zu mehr Qualität, sondern vor allem zu mehr Bürokratie.
Sind Kunstfehler billiger?
Diese Einstellung hält SP-Ständerätin Pascale Bruderer für unverantwortlich, ja schockierend: Entweder es sei eine Fehleinschätzung, dass man den Handlungsbedarf nicht sehe, oder man finde, dass man sich die Fehler leisten könne «und dass es günstiger kommen könnte, Mängel hinzunehmen». Dabei sei es genau umgekehrt: Kunstfehler und leidende, sterbende Menschen kosteten viel Geld. Wer also etwas für mehr Qualität in der Medizin mache, sorge auch dafür, dass die Krankenkassenprämien langfristig sänken.
Dies sei ein Unsinn, findet SVP-Ständerat Alex Kuprecht: «Es ist eine Hoffnung, die bei praktisch allen KVG-Revisionen geweckt, aber in aller Regel nicht realisiert wird.»
Leerlauf im Auftrag des Parlaments
Angesichts der bürgerlichen Voten und Übermacht platzt Gesundheitsminister Alain Berset der Kragen: «Sie haben die Verwaltung fünf Jahre lang arbeiten lassen, für nichts und wieder nichts...», sagt er. Und so ist es dann auch: Der Ständerat will von der Gesetzesrevision nichts wissen, die bürgerliche Mehrheit setzt sich klar durch.
Nun muss Berset auf den – ebenfalls bürgerlichen – Nationalrat hoffen.