Streit in der Arbeitsgruppe: Sexualaufklärung an der Schule sorgt immer wieder für emotionale Debatten. Das zeigt jüngst das Beispiel einer Expertengruppe im Auftrag des Bundes: Diese sollte beantworten, ob die wissenschaftlichen Grundlagen genügen, die für die Sexualaufklärung in der Schweiz verwendet werden. Den Bericht hat die Gruppe nun geliefert, allerdings im Streit.
Die Knackpunkte: Soll Sexualaufklärung vor allem daheim in der Familie stattfinden - oder auch in der Schule? Und wie? Das waren die Knackpunkte in der siebenköpfigen Expertengruppe, wie die Präsidentin der Gruppe, alt FDP-Ständerätin Christine Egerszegi, erklärt. Die Mehrheit der Gruppe sei der Ansicht, dass die Schule bei der Aufklärung eine wichtige Rolle spiele. «Ebenso, dass Sexualaufklärung nicht wertet, ob man heterosexuell oder homosexuell ist oder dass man auch Verkehr haben kann, wenn man nicht verheiratet ist.»
Die Mehrheit der Gruppe ist der Ansicht (...), dass man auch Verkehr haben kann, wenn man nicht verheiratet ist.
Die Aussteigerin: Wertkonservative Menschen sehen das anders. So auch die Primarlehrerin und Sexualpädagogin Elisabeth Barmet. Sie ist bereits im Dezember 2016 aufgrund der Meinungsverschiedenheiten aus der Expertengruppe ausgetreten, wie Mitte Woche bekannt wurde. Zu Homosexualität habe sie sich nie geäussert, sagt Barmet. Und Sexualaufklärung halte sie nicht nur für eine Aufgabe der Eltern, aber auch. Als Mutter, als Vater sei es wichtig, einen Beitrag zu leisten. Aber auch die Schule könne einen Beitrag leisten. «Die Frage ist einfach, welchen genau. Darüber müssten wir diskutieren.»
Der grosse Vorwurf: Nur habe diese Diskussion in der Expertengruppe nicht stattgefunden, kritisiert Barmet. Die Gruppe habe in ihrem Bericht vor allem die eigene Meinung bestätigen wollen. «Ich habe von Anfang an gespürt, dass der Mut fehlt, nochmals von vorne zu beginnen und grundsätzlich neu über die Sexualaufklärung nachzudenken.» Die Experten seien nicht unabhängig.
Der Mut hat gefehlt, grundsätzlich neu über Sexualaufklärung nachzudenken.
Die Replik: Ein Vorwurf, gegen den sich Präsidentin Egerszegi wehrt. «Einen Konsens zu finden ist schwierig, wenn für einen Teil die Vorstellung einfach festgenagelt ist, dass Sexualverkehr in der Ehe stattfinden soll und sonst nicht.» Die Expertengruppe möchte die Fronten aufweichen und empfiehlt daher, den Dialog mit konservativeren Vertretern zu verstärken.