«Namen sind Schall und Rauch», sagt Jürgen Schmidhuber. Er ist der wissenschaftliche Direktor des in Lugano ansässigen Instituts für künstliche Intelligenz Idsia. Schmidhuber wird von der Presse gerne als Vater der künstlichen Intelligenz (KI) bezeichnet. Er und seine Kolleginnen und Kollegen haben nämlich das Rezept für wichtige Computerprogramme erfunden.
Konkret fusst beispielsweise das Computer-Übersetzungsprogramm «Google Translate» auf der Erfindung von Schmidhuber. Diese Erfindung vom maschinellen Lernen macht, dass das Computerprogramm fähig ist, selbstständig zu übersetzen.
Es sind Anwendungen wie Siri oder Alexa, die auf der Grundlagenforschung von Schmidhuber und seines Teams basieren. Er selber verwendet diese Apps übrigens nicht. Er sagt, er versuche möglichst wenig Spuren im Netz zu hinterlassen.
KI kann filigrane Massarbeit meistern
Der Münchner Informatiker ist vor rund 20 Jahren nach Lugano gekommen. Neben seines Engagements an der Universität der italienischen Schweiz (USI) unterhält er eine private Firma in Lugano mit 30 Mitarbeitenden. Diese treibt mithilfe von künstlicher Intelligenz Industrieprozesse voran.
Diese KI-Softwares helfen, dass bei der komplizierten Glasproduktion weniger Glas zerbricht. Künstliche Intelligenz kenne keine Grenzen, sagt Schmidhuber. Er erzählt von den Computerprogrammen, die Krebszellen erkennen können. Auch dafür haben er und sein Team hier in Lugano Grundlagenforschung geleistet.
Schmidhuber blendet nicht aus, dass die künstliche Intelligenz auch Schattenseiten hat, wenn sie in falsche Hände gerate. Das müssten Gesetze und allenfalls Verbote verhindern. Der Forscher aus Lugano hat zusammen mit anderen Prominenten wie Tesla Gründer Elon Musk einen offenen Brief an die Vereinten Nationen (UNO) geschrieben. Ihr erklärtes Ziel war, dass die UNO autonome Kriegswaffen wie zum Beispiel Tötungen durch Drohnen verbietet.
Drohneninnovation für die Tessiner Wirtschaft
Auch bei Drohnenflugkörpern leistet das Institut um Schmidhuber viel für den Forschungsplatz Schweiz. Professor Alessandro Giusti und sein Team beispielsweise entwickeln Drohnen an der Fachhochschule Supsi zusammen mit Kolleginnen der ETH in Zürich und Lausanne.
Der Kanton Tessin will sich eine Scheibe von der Forschung abschneiden, die da vor den eigenen Toren passiert. Auf dem ehemaligen Militärflugplatz Lodrino entsteht ein Drohnenkompetenzzentrum. Lodrino hat gemäss Aussagen des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl) den schweizweit ersten exklusiven Drohnenflugraum. Die Tessiner hoffen, dass diese Einzigartigkeit und das Know-how der Fachleute vor Ort viele im Firmen anlocken wird, die Drohnen konzipieren.
Noch stehe der Forschungsstandort Schweiz punkto künstlicher Intelligenz sehr gut da, sagt Professor Jürgen Schmidhuber. Er warnt aber davor, dass die Schweiz abgehängt werden könne von Ländern wie China. Das Land betreibe nämlich eine aggressive Industriepolitik. Der chinesische Staat unterstütze die Forschung mit Milliarden und hierzulande sei Industriepolitik verpönt.
Doch die Schweiz muss sich noch nicht verstecken, denn in einem Ranking der amerikanischen Eliteuniversität Stanford von 2019 belegt der Schweizer KI-Forschungsplatz den zweiten Spitzenplatz hinter Singapur.