Dürre Wiesen und ausgetrocknete Felder: Gelb-braun statt grün präsentiert sich das Mittelland in diesem Hitzesommer.
So auch auf dem Familienbetrieb von Hannah von Ballmoos in der Region Bern. Im Hauptberuf ist von Ballmoos verantwortlich für Umweltfragen beim Schweizerischen Bauernverband. Bäuerinnen und Bauern könnten mit neuen Sorten und Anbaumethoden auf Hitze- und Trockenheit reagieren, sagt sie. Doch für Gemüse, Obst und auch Kartoffeln werde das nicht reichen.
Es müsse mehr bewässert werden, sagt auch Rolf Weingartner. Er ist emeritierter Professor für Hydrologie an der Uni Bern. Die Regentage verschieben sich vom Sommer in den Winter – Dürre werde zum neuen «Normal» im Mittelland. «Was wir hier in diesem Jahr erleben, ist eigentlich ein Vorgeschmack, wie die Zukunft aussehen wird», so Weingartner.
Weniger Schnee
Mit der Klimaerwärmung droht das Mittelland seinen natürlichen Wasserspeicher zu verlieren: Schnee und Gletscher in den Bergen speichern die Winterniederschläge. Im Sommer fliessen sie als Schmelzwasser ab und versorgen das Unterland. Doch immer mehr fällt in den Bergen auch im Winter Regen statt Schnee. Dieses Wasser fliesst direkt ab – und fehlt im Sommer.
Der Vorschlag von Weingartner: «Wir müssen versuchen, das reichliche Wasser im Winter in den trockenen Sommer zu retten». Dabei setzt der Hydrologe auf Stauseen: Sie sollen das Wasser speichern und im Sommer wieder freigeben. Das gleiche System werde bereits heute genutzt: Das Wasser aus der Schnee- und Gletscherschmelze fliesse durch die Flüsse ab ins Mittelland. Neu könnte – mit anderer Wasserquelle – das bestehende System alimentiert werden, sagt Weingartner.
Auch die Spezialistinnen beim Bundesamt für Umwelt machen sich solche Überlegungen. Doch die zuständige Sektionsleiterin Petra Schmocker versprüht deutlich weniger Optimismus. Das Problem sei, dass auf dem Weg sehr viel Wasser verloren gehe; «sei es, dass das Wasser ins Grundwasser versickert oder dass es verdunstet, vor allem, wenn noch Seen dazwischen liegen», so Schmocker. Angesichts der hohen Wasserverluste sei auch ein grosser Stausee innert weniger Wochen leer.
Im Winter wird mehr Strom benötigt
Das führt zu einer weiteren Knacknuss: Die Stromfirmen füllen ihre Stauseen im Sommer für den Winter. Der Spielraum für das Ablassen von Wasser im Sommer sei gering, sagt Albert Rösti, SVP-Nationalrat und Präsident des Wasserwirtschaftsverbands. Er räumt zwar ein, dass allenfalls eine Bewässerung möglich sei. Aber klar sei auch, man brauche im Winter die Stromproduktion aus den Speicherwerken. Die Betreiber seien jedoch offen für Diskussionen.
Darauf setzt der emeritierte Hydrologie-Professor Weingartner. Die Strombranche plant neue Stauseen und bei bestehenden Anlagen muss bald die Konzession erneuert werden. Das sind laut Weingartner Gelegenheiten für die Debatte, wann, wo und wozu Wasser künftig gespeichert werden soll.