Seit einigen Wochen sinkt die Zahl der verabreichten Corona-Impfdosen, viele Termine bleiben ungenutzt. Dabei fällt eine Gruppe auf, die besonders zurückhaltend ist: junge Frauen. Eine BAG-Umfrage zeigt, dass rund ein Drittel der 15- bis 34-Jährigen skeptisch gegenüber einer Impfung ist. Diese Zurückhaltung ist deutlich höher als bei jeder anderen Altersgruppe. Viele haben Angst vor Unfruchtbarkeit. Die Jugendgynäkologin, Gabriele Merki, nimmt Stellung zu diesem Mythos.
SRF News: In den sozialen Medien kursieren Gerüchte, dass die Impfung unfruchtbar mache. Stimmt das?
Gabriele Merki: Die Corona-Impfung macht ganz sicher nicht unfruchtbar. Es kursieren Gerüchte, dass es Probleme bei der Einnistung oder dem Wachstum der Plazenta gäbe. Das könnte daher kommen, dass man heute weiss, dass das Coronavirus durch die Spikes in die Körperzellen eindringt.
Die Corona-Impfung macht ganz sicher nicht unfruchtbar.
Das Enzym, das für die Bildung der Plazenta verantwortlich ist, enthält ein Protein, das ähnlich ist wie im Virusspike. Das ist jedoch so eine kleine Überlappung im Protein, dass es keine Relevanz hat.
Wie erklären Sie sich diese Mythen, die im Internet kursieren?
Mythen kursieren immer sehr viel einfacher als Fachwissen, weil sie in den sozialen Medien verbreitet werden und die wenigsten Leser auf fachliche Informationsseiten gehen. Weil diese zu wenig gelesen werden, ist es sehr schwierig, die Mythen auszuräumen.
Deshalb würde ich sogar sagen, dass die Impfung fertilitätserhaltend ist.
Es gibt erste Daten aus Wuhan, die zeigen, was mit der Fertilität passiert bei Frauen, die eine ganz schwere Covid-Infektion mit Aufenthalt auf der Intensivstation hatten. Dabei wurde eine Untergruppe von 170 Frauen zwischen 15 und 49 Jahren ausgewertet. Die Daten ergaben, dass die Reserve an Eizellen durch einen maximal schweren Verlauf der Krankheit leiden kann. Aus dieser Sichtweise würde ich sogar sagen, dass die Impfung fertilitätserhaltend ist.
Kann man also sagen, dass eine Covid-Erkrankung für die Fruchtbarkeit gefährlich ist?
Es gibt bisher wenige Daten bei jungen Frauen, weil die meisten Frauen nicht so schwer erkranken. Die Studie aus Wuhan zeigt jedoch, dass bei den Frauen mit ganz schweren Infektionsverläufen eine spätere Einschränkung der ovariellen Reserve vorliegt. Das hat damit zu tun, dass nicht alle Organe optimal durchblutet wurden. Das bedeutet aber nicht, dass sich eine Frau fürchten muss, die Covid-positiv war oder Symptome hatte.
Was raten Sie Frauen, die gegenüber der Impfung unsicher sind?
Allen, die verunsichert sind, kann ich die Homepage des BAG sehr empfehlen. Da gibt es einen Teil mit häufig gestellten Fragen, wo die Informationen und Quellen upgedatet werden. Grundsätzlich empfehle ich jedem gesunden Patienten zu impfen, gerade den kranken Patientinnen empfehle ich es noch mehr.
Inzwischen ist es auch so, dass wir bedenkenlos in der Schwangerschaft impfen, weil wir denken, dass während der Schwangerschaft zu erkranken das grössere Risiko für Mutter und Kind ist als die Impfung.
Inwiefern kann die Corona-Impfung einen Einfluss auf die Menstruation haben?
Es gibt einzelne Berichte von Frauen, dass die Menstruation im Rahmen der Impfung stärker oder nur ganz kurz kam. Das kann durchaus sein, denn die Impfung erzeugt eine Immunreaktion und der Körper muss arbeiten. Die Menstruation ist anfällig für Stressreaktionen, deshalb ist es möglich, dass sie sich verschiebt. Das ist aber kein Problem und sollte sich in einem Monat wieder einspielen.
Das Gespräch führte Silvia Staub.