Bundesrat Alain Berset erklärt im Interview, wieso die Schweiz einen Sonderweg bei der Öffnung der Skigebiete geht. Der Gesundheitsminister glaubt an die Wirksamkeit der Schutzkonzepte und ist überrascht, dass Italien, Frankreich und Deutschland die Skipisten erst im neuen Jahr öffnen wollen.
SRF News: Herr Bundesrat, die Regierungen von Frankreich, Italien und jetzt auch Deutschland wollen, dass die Skisaison erst im Januar beginnt. Die Schweiz geht einen Sonderweg. Wie erklären Sie das diesen Ländern?
Alain Berset: Diese Entwicklung ist schon eine Überraschung. Die Länder, die das verlangen, sind nicht am meisten betroffen. Wir sind im Zentrum der Alpen, Österreich auch. Diese beiden Länder haben eine grosse Winter- und Skitradition. Wir müssen das jetzt einordnen. Wir sind im Kontakt mit den anderen Ländern.
Die anderen Länder befürchten ja vor allem, dass dann sehr viele Touristen in die Schweiz gehen oder nach Österreich, wo die Skigebiete auch offen sein sollen. Gibt es ein gewisses Risiko, dass die Schweiz zu einem «riesigen Ischgl» wird?
Das dürfen wir nicht zulassen, das ist uns klar. Weder für uns in der Schweiz noch die umliegenden Länder. Wir müssen da wirklich aufpassen.
Sie waren der Erste, der im Sommer eine Koordination zwischen den Skigebieten aller Alpenländer gefordert hat. Wieso ist eigentlich nichts daraus geworden?
Ja, leider. Ich hatte schon sehr früh im Juni und Juli diesen Punkt als grosse Herausforderung gesehen. Ich hatte das auch schon mit meinen Kollegen in Frankreich, Österreich und Deutschland andiskutiert. Aber die Reaktion in der Schweiz war sehr negativ. Seilbahnen und Kantone haben gesagt: Hände weg, wir machen das. Und es tut mir leid, dass man jetzt merkt, das Problem ist auf dem Tisch. Wir sind nun sehr spät, eine Feuerwehrübung. Wir müssen das nun einordnen können.
Wir brauchen für die Festtage ein Paket. Es gibt bei Weitem nicht nur den Wintersport.
Der Bundesrat wird das Thema Skigebiete nochmals aufgreifen an einer Sitzung. Ist es also doch nicht sicher, dass die Skigebiete nach Weihnachten wirklich offen sind?
Was der Bundesrat sagt: Wir brauchen für die Festtage ein Paket. Es gibt bei Weitem nicht nur den Wintersport. Diese Feiertage sind spezielle Momente. Normalerweise trifft man sich mit vielen Leuten. Es gibt die Weihnachteinkäufe, Neujahr. Wir wollen das andiskutieren, um zu sehen, ob die Massnahmen reichen, die wir jetzt haben. Auch mit den Kantonen wollen diskutieren, was sie vorsehen, damit sich die Situation weiterhin verbessert.
Wir alle kennen die Situation in den Skigebieten. Es kommt zu Gedränge bei den Bahnen, zu Gedränge bei den Toiletten. Ist es nicht ein bisschen naiv zu glauben, dass man das total verhindern kann diesen Winter?
Es ist eine Tätigkeit, die man im Aussenbereich macht. Draussen sind nicht die grössten Gefahren. Aber in der Tat, es gibt Momente und Orte, wo es Probleme geben kann, wenn man an die Pandemie denkt. Zum Beispiel diese Warteorte. Vielleicht auch der Restaurationsbereich, wo man sehr eng zusammensitzt. Aber es muss einfach möglich sein, dass streng und korrekt umsetzen zu können.
Es gibt Momente und Orte, wo es Probleme geben kann.
Sie haben heute auch wieder von Selbstverantwortung gesprochen, auch wenn es um Wintersport geht. Werden Sie selber Ski fahren gehen?
Ich würde gerne, ja, wenn es möglich ist. Aber mit Abstand, Maske und Hygiene der Hände.
Das Gespräch führte Andy Müller.