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Sonderschulen vor Öffnung «Es ist kompliziert, aber wir freuen uns sehr»

Am 11. Mai dürfen die obligatorischen Schulen in der Schweiz – unter Wahrung der Abstands- und Hygienemassnahmen – wieder Präsenzunterricht durchführen. Was für die Regelschulen schon komplex ist, stellt für Sonderschulen eine grosse Herausforderung dar. Denn die Schülerinnen und Schüler benötigen deutlich mehr persönliche Betreuung. Dennoch zeigt man sich beispielsweise bei der Heilpädagogischen Schule in Wetzikon zuversichtlich, den neuen Alltag auch unter diesen erschwerten Bedingungen erfolgreich zu meistern.

Esther Pfenninger

Schulleiterin Heilpädagogische Schule Wetzikon

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SRF News: In knapp einer Woche öffnet Ihre Schule wieder. Welche Vorkehrungen haben Sie getroffen?

Esther Pfenninger: Wir mussten ein Konzept erarbeiten, dass die Abstands- und Hygiene-Vorgaben vom Bundesamt für Gesundheit und des Volksschulamts des Kantons Zürich garantieren kann. Das heisst, wir müssen dafür sorgen, dass der Schülertransport zur Schule und das Abholen der Schüler von der Bushaltestelle zur Schule neu gestaltet wird.

Beim Mittagessen werden alle Kleinklassen auf einzelne Räume verteilt.

Wir haben den Stundenplan und die Tagesstruktur angepasst. So werden wir zum Beispiel gestaffelt Pausen machen und auf den Pausenplätzen Rayons eintragen, damit die Abstandsregeln gewahrt bleiben können. Beim Mittagessen werden alle Kleinklassen auf einzelne Räume verteilt und es musste definiert werden, wer von den Lehrpersonen wie und wann das Mittagessen schöpfen darf. Zusätzlich haben wir definiert, wie oft Schulgegenstände und Lehrmaterialien desinfiziert oder die Räume gelüftet werden. Und: Unter welchen Umständen wir mit Masken und Handschuhen arbeiten.

Sie haben Schülerinnen und Schüler mit Mehrfachbehinderungen, Kinder aus dem Autismus-Spektrum und Kinder mit geistigen Beeinträchtigungen. Wie werden Sie die neuen Regeln kommunizieren?

In der ersten Woche werden wir unseren Unterricht prioritär darauf auslegen, die neuen Abstands- und Hygieneregeln zu üben. Mit manchen Kindern müssen wir mit Piktogrammen und Symbolen arbeiten, um uns zu verständigen. Man muss auch schauen, was die Schüler in den letzten Wochen, als sie nicht in die Schule konnten, erlebt haben. Oder schauen, was während der Zeit des Fernunterrichts erreicht wurde. Dann legen wir ein grosses Augenmerk auf die Resozialisierung in die Klassen. Wir haben einige Kinder, wo dies unter den besonderen Umständen und der langen Absenz nicht ganz einfach ist.

Mit manchen Kindern müssen wir mit Piktogrammen und Symbolen arbeiten, um uns zu verständigen.

Gab es ein kantonales oder gar schweizweites Konzept für Sonderschulen, auf das Sie zurückgreifen konnten?

Für die Volksschulen des Kantons Zürich gab es vom Volksschulamt zwei Handreichungen – eines für die Regel-, das andere für die Sonderschulen. Doch letzteres war sehr offen formuliert. Wir diskutierten auch im Berufsverband darüber. Doch schliesslich sind alle Sonderschulen beispielsweise von den Räumlichkeiten so unterschiedlich ausgestaltet, dass es nicht möglich ist, ein allgemeingültiges Konzept zu erarbeiten.

Der neue Schulalltag macht vieles nicht einfacher und die Umstellung bedeutet viel Mehraufwand für Sie. Lohnt sich die Öffnung überhaupt?

Ja, das klingt alles sehr kompliziert und komplex. Aber wir sind alle sehr froh, dürfen wir wieder Unterricht in Kontakt mit Kindern durchführen. Wir freuen uns sehr. Und auch die Kinder wollen wieder in die Schule gehen und ihre Kolleginnen und Kollegen sehen – ich habe viele solche Rückmeldungen erhalten. Für viele unserer Schülerinnen und Schüler ist der Schulstart auch sehr vorteilhaft. Denn sie brauchen reguläre Strukturen. Diese geben Halt und daran sind sie sich gewöhnt.

Das Gespräch führte Luca Froelicher.

Tagesschau, 29.04.2020, 19.30 Uhr ; 

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