Wer in der Schweiz unter dem Existenzminium lebt, erhält Sozialhilfe. Das waren 2016 mit 3,3 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung leicht mehr als im Vorjahr. Besonders hoch ist die Sozialhilfequote mit fast 88 Prozent bei Asylsuchenden und 85.5 Prozent bei Flüchtlingen. Von denjenigen, die seit höchstens sieben Jahren als Flüchtling gelten, beziehen fast 9 von 10 Personen Sozialhilfe.
Dieser extrem hohe Anteil von Flüchtlingen mit Sozialhilfe zeigt vor allem eines: Eine rasche Integration in den Arbeitsmarkt findet nicht statt und kostet immer mehr Geld.
Zuwenig Förderprogramme
Zwar gibt es Projekte und Angebote zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen. Aber es gibt nicht genügend Förderprogramme. Dabei liege das Problem genau hier – in der notwenigen Ausbildung, sagt Felix Wolffers, Co-Präsident der Konferenz für Sozialhilfe (SKOS): «Der Arbeitsmarkt braucht Fachkräfte. Die Personen, die als Asylsuchende in die Schweiz kommen, sind mehrheitlich beruflich nicht qualifiziert und deshalb passt das schon mal nicht zusammen.»
25'544 Flüchtlinge sind von Sozialhilfegeldern des Bundes abhängig. Für die Kantone ist das alarmierend. Denn nach spätestens sieben Jahren müssen Kantone und Gemeinden die anfallenden Kosten übernehmen.
Es gebe tatsächlich ein wachsendes Problem, wenn diese Menschen nicht mehr vom Bund finanziert würden, sagt Wolffers. «Dann wachsen die Sozialhilfekosten für Gemeinden und Kantone deutlich.»
Sozialhilfekosten werden massiv zunehmen
Das werde extrem teuer, sagt Wolffers: «Wir haben in der SKOS berechnet, dass allein aufgrund der Entwicklung im Asylbereich die Kosten pro Jahr in der Sozialhilfe um mehrere Prozentpunkte ansteigen werden. Deshalb braucht es griffige Massnahmen, die das verhindern.»
Der Bünder Nationalrat Heinz Brand (SVP) plädiert hinsichtlich der Kosten schon lange für eine Praxisänderung: Weil der Bund letztlich über die Aufnahme dieser Asylpersonen entscheidet, müsste er demzufolge auch die finanziellen Konsequenzen tragen. «Heute entscheidet der Bund grosszügig über die Aufnahme – und die Kantone und Gemeinden bezahlen längerfristig die Zeche.»
Ein Treiber für Integration könnten auch abnehmende Sozialhilfeleistung sein. «Dann sehen die Personen, dass sie sich wirklich anstrengen müssen, damit sie finanziell über Wasser bleiben können und so eine Existenz haben.»
Ausbildung und Berufsfähigkeiten
Darum gibt es für den SKOS-Co-Präsidenten Felix Wolffer nur den Weg in eine Ausbildung. «Dass muss nicht eine Berufslehre sein, dass kann auch eine niederschwellige Qualifikation sein. Solche Ausbildungen können rasch in den Arbeitsmarkt führen»
Gefordert ist dabei in erster Linie der Bund: Beim Staatssekretariat für Migration (SEM) heisst es, man sei sich der Dringlichkeit bewusst. «Der Bund hat selbstverständlich viele interessante Projekte im Köcher. Eines davon ist die Integrationsvorlehre. Hier geht es darum, dass die Flüchtlinge fit gemacht werden sollen für den Arbeitsmarkt», erklärt SEM-Sprecher Lukas Rieder.
Für Integrationsprogramme soll künftig mehr Geld zur Verfügung stehen. Bund und Kantone wollen eine Integrationspauschale von 18'000 Franken pro Flüchtling. Noch unklar ist, wer welchen Teil daran übernimmt. Klar ist aber, dass die Kosten einer verpassten Integration in den Arbeitsmarkt auf die Länge den Staat noch viel mehr kosten.
Asylverfahren immer noch zu langsam
Es brauche zudem viel mehr Tempo in den Asylverfahren, sagt Felix Wolffers. «Es kann nicht sein, dass Leute nach fünf oder sieben Jahren in die Zuständigkeit der Kanton fallen und sie haben noch gar nie richtig gearbeitet.»
Auch für Nationalrätin Silvia Schenker (SP/BS) gehen die Asylverfahren immer noch zu langsam. Es müsse rascher klar sein, wer hierbleiben könne. «Sobald das klar ist, muss mit Integrationsbemühungen begonnen werden. Dazu gehört der Spracherwerb und schauen, welche beruflichen Ressourcen vorhanden sind und dort anknüpfen.»
Einen radikalen Strategiewechsel in den Integrationsbemühungen von Asylsuchenden fordert auch Rudolf Strahm, ehemaliger SP-Nationalrat und früherer Preisüberwacher. Die statistischen Daten zur Sozialhilfe von Asylsuchenden seien alarmierend. «Bis jetzt hat man mit den neu Zugewanderten versagt, eine rasche Integration in den Arbeitsmarkt zu erreichen.»
Strategiewechsel: Mehr Druck, aber auch mehr Jobs
Es brauche bereits direkt bei Beginn eines Asylverfahrens die Einführung der Personen in einen Job. «Vielleicht in einem Werkhof einer Gemeinde in einem betreuten Arbeitsplatz. Heute hängen diese Leute zum Teil jahrelang herum ohne feste Struktur.»
Zudem stellten viele Kantone zu wenig Forderung an Asylsuchende. Es brauche auch einen gewissen Druck – aber auch Jobs. «Kantone mit kleinen Strukturen, wo Asylsuchende sehr schnell an Gemeinden delegiert werden, haben mehr Erfolg, weil sie diese Personen zum Beispiel an Hotelküchen oder Gemeindebetrieben einsetzen können.»
Natürlich gebe es auch gut ausgebildete Flüchtlinge, die nicht auf ihrem Beruf arbeiten könnten. Diese rund zehn Prozent gut ausgebildete Asylpersonen sollten in jedem Fall nach einer Berufs- oder Ausbildungsanerkennung in die Arbeitswelt integriert werden, sagt Strahm. «Aber zwei Drittel der Zugewanderten in den letzten Jahren haben keine Ausbildung und haben nie in einer festen Struktur gearbeitet. Darum braucht es nicht einfach ‹Bildung vor Arbeit› sondern ‹Arbeiten mit Bildung›.»
Hier die Details der Sozialhilfestatistik 2016
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