Es gehe um viel, sagt der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult, der den europapolitischen Ausschuss der Partei leitet. Und er wirkt dabei durchaus ein bisschen pathetisch: «Die Schweiz ist ein europäisches Land. Wir wollen mehr europäischen Zusammenhalt. Gerade in diesen schwierigen, kriegerischen Zeiten wollen wir, dass Europa stärker zusammenwächst und dass die Schweiz mitbestimmen kann, aber auch Mitverantwortung trägt.»
Die Schweiz ist ein europäisches Land. Wir wollen mehr europäischen Zusammenhalt.
Pult ist sich zugleich bewusst, dass es ein pragmatisches Vorgehen braucht. Und so sieht das Europa-Papier, das der Parteirat am Freitag in Neuenburg ohne Gegenstimmen verabschiedet hat, einen dreistufigen Prozess vor.
Stabilisierung wegen Horizon und Erasmus
In einem ersten Schritt geht es um die Stabilisierung: Die unmittelbaren Probleme sollen geregelt werden – etwa, dass die Schweiz wieder Zugang zu Forschungs- und Bildungsprogrammen wie Horizon und Erasmus erhält.
Hier hat die SP im Nationalrat schon einen ersten, kleinen Erfolg verzeichnet. In einer Motion wurde der Bundesrat knapp beauftragt, ein entsprechendes Stabilisierungsabkommen mit der EU zu verhandeln. Ob sich daraus etwas ergeben wird, ist derzeit noch offen.
Die SP ist aber überzeugt, dass der Bundesrat mit einer solchen Strategie das Verhältnis zu Brüssel wieder verbessern könnte. Wenn das gelingen sollte, wäre laut dem SP-Konzept in etwa zwei Jahren Zeit für Schritt Nummer zwei: Ein Wirtschaftsabkommen, das den institutionellen Zugang zum europäischen Markt regelt.
Beitrittsverhandlungen ab 2027
Und schliesslich Schritt Nummer drei: Die Schweiz soll ab 2027 Verhandlungen über einen EU-Beitritt aufnehmen. Ein gut ausgehandelter EU-Beitritt wäre die beste Option für die Schweiz, meint Jon Pult. Dann könne die Schweiz auch mitreden und mitentscheiden.
Wir leben in komplizierten Zeiten in einer unübersichtlichen und gefährlichen Welt. Da muss die Politik in der Lage sein, auch grosse Schritte zu machen.
Pult räumt zugleich ein, dass es sicherlich nicht einfach und allenfalls auch ein grosser Schritt werde: «Aber wir leben in komplizierten Zeiten in einer unübersichtlichen und gefährlichen Welt. Da muss die Politik in der Lage sein, auch grosse Schritte zu machen.»
An 2027 wird nicht gerüttelt
Dass es bei EU-Beitrittsverhandlungen hohe Hürden geben würde, steht auch im SP-Papier. Heikle Punkte wären demnach vor allem die direkte Demokratie und der Schutz der Schweizer Löhne.
Deshalb dürfte es am Parteitag Ende Oktober, an dem das Europa-Papier definitiv verabschiedet werden soll, noch einige Diskussionen geben. Einen kleinen Vorgeschmack gab es bereits im Parteirat: Die SP Tessin beantragte, keine feste Jahreszahl für Beitrittsverhandlungen ins Papier zu schreiben. Ohne Erfolg.