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Sparprogramm des Bundesrats Bund will bei kindermedizinischer Datenbank sparen

Wie Medikamente für Kinder dosiert werden sollen, ist eine herausfordernde Frage. Fachpersonen steht dafür die Datenbank SwissPedDose zur Verfügung. Finanziert wird sie vom Bundesamt für Gesundheit BAG. Diese Datenbank soll als Teil eines Sparentscheids des Bundesrats Ende Jahr eingespart werden. Qualitätseinbussen in der Kindermedizin könnten die Folgen davon sein, wie Kinderarzt Christoph Aebi sagt.

Christoph Aebi

Kinder-Infektiologe

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Christoph Aebi leitet die Abteilung Kinder-Infektiologie am Inselspital Bern und ist Vorstandsmitglied von Pädiatrie Schweiz, der Organisation der Kinderärzte in der Schweiz. Zudem ist Aebi eines der 15 Mitglieder der Eidgenössischen Kommission für Impffragen.

SRF News: Wieso sinkt die Qualität in der Medizin für Kinder, wenn diese Datenbank eingespart wird?

Christoph Aebi: Die SwissPedDose-Datenbank hat sich in den letzten Jahren zu dem Standard-Nachschlagewerk entwickelt, das Kinderärzte und Kinderärztinnen, aber auch Apotheker und Apothekerinnen brauchen, um über aktuelle Kinderdosierungen Auskunft zu bekommen.

Der Zulassungsmechanismus und das Prozedere sind so, dass die Kinderdosierungen nicht vollständig und nicht aktuell abgebildet werden.

Medikamente werden von der Swissmedic zugelassen. Wieso sind Sie auf die Informationen aus dieser Datenbank angewiesen?

Der Zulassungsmechanismus und das Prozedere sind so, dass die Kinderdosierungen nicht vollständig und nicht aktuell abgebildet werden. Die Dosierungssendung bei Kindern dauert in der Regel sehr viel länger als bei Erwachsenen.

Das sagt die Fachgesellschaft der Kinder und Jugendmedizin dazu:

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Ein Teddybär mit verbundenem Arm
Legende: Keystone/MIchael Probst

Pädiatrie Schweiz schreibt: «Mit dem Entscheid des BAG verabschiedet sich die öffentliche Hand wieder aus der Verantwortung, für Kinder und alle zuständigen Gesundheitsfachpersonen einheitliche und jederzeit aktuelle Dosierungsempfehlungen bereitzustellen. Sie verabschiedet sich aus der Verantwortung, für Kinder die gleiche Qualität der Medikamentendosierung anzubieten wie für Erwachsene. SwissPedDose hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass die gesprochenen Gelder effizient, transparent und für die Bevölkerung nutzbringend eingesetzt wurden und werden.»

Bei Krankheiten und Medikamenten, die nicht so häufig eingesetzt werden, liegen zudem überhaupt keine Daten von Swissmedic vor. Hier besteht eine Lücke, die mit SwissPedDose geschlossen werden kann.

In der Schweiz haben wir eine Quelle für die Dosierung von Medikamenten für Kinder, von denen alle wissen, dass sie aktuell ist.

Wenn der Bund seine Finanzierung einstellen würde, hiesse das, dass diese Datenbank definitiv eingestellt würde oder gäbe es eine Alternative?

Es wäre unklar, ob und in welcher Form die Datenbank weiterbetrieben werden könnte. Die bisherige Finanzierungsquelle war ausschliesslich die öffentliche Hand. Es ist immer möglich, Alternativen zu finden. Aber das Einmalige und Qualitätsverbessernde an SwissPedDose ist die Tatsache, dass sie kostenlos für alle Gesundheitsfachpersonen zur Verfügung steht und dass die Dosierungen harmonisiert sind. Das heisst: In der Schweiz haben wir eine Quelle für die Dosierung von Medikamenten für Kinder, von denen alle wissen, dass sie aktuell ist.

Ungenügender Vorschlag

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In einer Stellungnahme hat der Software-Anbieter Pedeus vorgeschlagen, «vom BAG die Rechte an der bestehenden Datenbank zu übernehmen, diese unentgeltlich weiterzuführen und den ambulant tätigen Pädiaterinnen und Pädiater den Zugang kostenlos zur Verfügung zu stellen». Doch nach Ansicht des Vorstands von Pädiatrie Schweiz ist dieses Angebot ungenügend.

«Das Kernanliegen von SwissPedDose ist die Bereitstellung von transparent entwickelten, national harmonisierten und kontinuierlich aktualisierten Dosierungsempfehlungen, die unabhängig von echten oder empfundenen Partikularinteressen sind. Zudem soll die Datenbank nicht nur ambulant tätigen Pädiaterinnen und Pädiatern kostenlos zur Verfügung stehen, sondern auch Spitälern und Apotheken», schreibt Pädiatrie Schweiz in einer Medienmittelung.

Was bedeutet es für Apotheken oder auch für das Personal in Spitälern, das diese Medikamente oft auch unter hohem Zeitdruck abgeben muss?

SwissPedDose hat die Sicherheit vermittelt, in sehr kurzer Zeit mit ein paar wenigen Klicks auf die aktuellste verfügbare Ressource für eine optimale Dosierung eines Medikaments bei einem Kind zuzugreifen. Wenn das nicht vorhanden ist, kommt es zu einem sehr langwierigen Prozess, in dem man in die Literatur gehen muss, um das möglichst optimale für sich selber und für jeden einzelnen Patienten herauszufinden. Doch danach ist man immer noch nicht sicher, ob diese Dosierung durch das Gros der Experten in der Schweiz abgesichert ist und ob dieses Medikament in der Schweiz überhaupt verfügbar ist. All das übernimmt SwissPedDose mit dieser Datenbank.

Ein Kindermbett mit Gittern in einem Spital
Legende: Die Dosierung von Medikamenten bei Kindern ist viel anspruchsvoller als bei Erwachsenen. Keystonee/Gaetan Bally

Wenn diese Datenbank derart wichtig ist für die qualitative Behandlung von Kindern: Wie können sich Eltern in Zukunft sicher sein, dass ihr Kind die richtige Dosis an Medikamenten erhält?

Das ist insgesamt sicher nicht das grösste Problem daran. Die Ärzteschaft und auch die Apothekerinnen und Apotheker sind so gut ausgebildet, dass sie keinen Aufwand scheuen, das Optimale für das Kind herauszufinden. Aber es bleibt dann bei der verantwortlichen Person die Unsicherheit, dass man möglicherweise nicht die beste Lösung gefunden hat. Zudem ist der zeitliche Aufwand riesig.

Das Gespräch führte Yves Kilchör.

SRF 4 News, 21.3.2025, 6:50 Uhr ; 

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