Die Bänke der Kreuzkirche in Zürich Hottingen sind an diesem Sonntagabend gefüllt. Links sitzen die Frauen, rechts die Männer. Sie besuchen nicht etwa einen Gottesdienst. Sie sind hier fürs Speeddating.
Die reformierte Kirche Zürich hat sie dazu eingeladen. Fast 200 Personen im Alter zwischen 25 und 75 Jahren sind dem Aufruf gefolgt, darunter Sabine aus Zürich. Ihr habe die Schlagzeile «Dating in der Kirchenbank» gefallen und sie wollte das selbst ausprobieren: «Ich bin heute hier, um meinen Herzkäfer zu finden», sagt sie.
Nicht nur Gläubige sind willkommen
Das Speeddating findet nach einer kurzen Aufwärmrunde in einem lockeren Rahmen draussen vor der Kirche statt. Es gibt Apéro und eine Band spielt live Musik. Die Männer sitzen je nach Alter an verschiedenen Tischen, die Frauen rotieren. Alle sieben Minuten gibt es einen Wechsel.
Die beiden reformierten Pfarrerinnen Stefanie Porš und Diana Trinkner tragen feuerrote Kleider. Sie haben das Speeddating organisiert und betonen, es seien alle willkommen. Trinkner sagt: «Auch die Religionszugehörigkeit ist uns eigentlich egal. Es sind alles gottesgeliebte Kinder.» Herkunft, Hautfarbe und sexuelle Ausrichtung spielten keine Rolle.
Teilnehmer Mohammed aus Zürich begrüsst die Toleranz der Kirche, wie er sagt: «Auch mir als Moslem haben sie eine Einladung geschickt.» Es ist sein erstes Speeddating. Er schätze es, die Leute persönlich kennenlernen zu können.
Mit den ganzen Dating-Apps bin ich ziemlich überfordert.
Auch Sarah aus Winterthur begrüsst das. Sie nimmt am Tisch für lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche und queere Menschen Platz und sagt: «Mit den ganzen Dating-Apps bin ich ziemlich überfordert.» In der direkten Begegnung sei es einfacher zu spüren, ob man gut zusammenpasse. Das sei ein Vorteil.
Verkuppeln als Urauftrag
Dass die reformierte Kirche Leute verkuppelt, ist für Pfarrerin Diana Trinkner stimmig. Schliesslich sei es ein Urauftrag der Kirche, Menschen zusammenzubringen. Früher hätten sich die Mitglieder am Sonntag für den Kirchenbesuch schön gekleidet und dort andere junge Menschen getroffen. «Sehr oft haben sich Menschen in der Kirche verliebt».
Nun also die moderne Variante mit dem Speeddating. Die Idee dafür sei ihr einst im Gespräch mit einer Pfarrkollegin gekommen. Ihnen sei aufgefallen, wie viele Gläubige alleinstehend waren. Deshalb hätten sie vor sechs Jahren ein erstes Speeddating organisiert, damals noch in Stäfa. Schon damals sei das Angebot gut angekommen.
Auch Thomas aus Hägendorf findet die Idee gut. Er sei hier in der Kreuzkirche, weil ihm der Glaube wichtig sei. Auch bei einer potenziellen Partnerin. Da kommt das Dating in der Kirche wie gerufen. Und prompt hat Thomas nach dem Abend bereits einige Namen von Frauen angekreuzt, für die er sich interessiert. Und auch Sabine sagt: «Es gab schon einige Matches, aber noch nicht der Herzkäfer forever.» Sie sei jedoch bereit.