In den letzten Tagen haben sich mehrere grosse Spitäler mit Appellen an die Politik gewandt: sie seien am Anschlag, es brauche griffigere Massnahmen um die Fallzahlen und damit die Belastung der Spitäler zu verringern. Heute hat auch die Taskforce grossräumig Schliessungen von Betrieben gefordert. Und auch der oberste Kantonsarzt Rudolf Hauri fordert jetzt im Interview mit SRF harte Massnahmen.
SRF News: An der heutigen Medienkonferenz war zu hören, dass es in Ihrem Kanton Zug keine Intensivbetten mehr frei hat. Stimmt das?
Rudolf Hauri: Die Intensivbetten sind stark belegt. Man kann schon noch aufbauen, aber die zertifizierten Betten sind belegt.
Sie sind am Anschlag?
Wir sind nicht ganz am Anschlag, aber wir laufen auf Hochtouren, und wenn es so weitergeht, dann wird das ein Problem.
Sie haben erzählt, dass die Rettungsdienste ein Problem haben, ein Spital für Schwerverletzte zu finden. Wie muss man sich das vorstellen?
Üblicherweise gibt es eingespielte Abläufe, man weiss, wohin man den Patienten, je nach Verletzungsmuster, bringt. Jetzt muss man mehrfach nachfragen oder ein anderes Spital suchen. Man findet ein Spital, man findet ein Bett, aber man muss mehr suchen.
Wir wünschen uns schweizweit harte Massnahmen, und zwar möglichst schnell.
Sie waren zusammen mit dem BAG und der Taskforce an der Medienkonferenz. Die Botschaft war, es müssten so schnell wie möglich schweizweite, scharfe Massnahmen getroffen werden. Ist das richtig?
Das ist so. Die Fallzahlen sind auf einem hohen Niveau, sie steigen an, und wir wünschen uns schweizweit harte Massnahmen, und zwar möglichst schnell.
Es heisst ja nicht, dass alle Betriebe geschlossen werden müssen.
Das heisst: Lockdown?
Lockdown ist vielleicht ein zu starkes Wort. Es heisst ja nicht, dass alle Betriebe geschlossen werden müssen. Man könnte zum Beispiel Physiotherapien offenlassen, da gibt es keine Übertragungen. Es muss also nicht ein voller Lockdown sein, aber doch eine weitgehende Schliessung von Einrichtungen und Betrieben.
Der Bundesrat hat einen Verordnungstext in Vernehmlassung gegeben, der sicher auch auf Ihrem Tisch gelandet ist. Dort steht drin, dass er erst nach Weihnachten weitere Schritte erwägen will. Ist das realistisch?
Das ist eben ein Vernehmlassungstext. Jetzt können sich die Kantonsregierungen und die Gesundheitsdirektoren und auch wir uns einbringen. Wir werden dann sehen, wie sich der Bundesrat entscheidet; wir hoffen natürlich, dass er sich schnell entscheidet.
Es gehört zum politischen Prozess, dass man verschiedene Aspekte anschaut und abwägt.
Die Fachleute haben immer wieder gewarnt und Massnahmen gefordert. Der Bundesrat hat diese dann meist, autonom oder auf Druck von Verbänden und Parteien, abgeschwächt. Man hat das Gefühl, dass Fachleute wie Sie nicht ganz ernst genommen werden...
Das sehen wir nicht so. Es gehört zum politischen Prozess, dass man verschiedene Aspekte anschaut und abwägt. Wir haben einen guten Draht zur Politik, aber eben: am Schluss ist es ein Abwägen und Gewichten.
Gemäss Patrick Mathys vom BAG müssen wir damit rechnen, dass sich die Fallzahlen innerhalb von vier Wochen wieder verdoppeln, in der Zentralschweiz sogar innerhalb von zwei Wochen.
Ja, das wären dann sehr hohe Fallzahlen innert kurzer Zeit. Die Situation ist ernst!
Was können wir denn an Weihnachten noch machen?
Wir können Weihnachten feiern, aber wir müssen es im kleinen Rahmen machen, wir müssen vorsichtig sein und die engen Kontakte reduzieren.
Wie werden Sie Weihnachten feiern?
Ich werde arbeiten, und wir werden Weihnachten nachholen.
Das Gespräch führte Urs Leuthard.