Mit Pferdeschwanz, Babybauch und Stögelis marschiert Genf gegen eine uniforme Männlichkeit auf. Zumal was den Strassenverkehr betrifft. Jedes zweite Zebrastreifen-Schild ist künftig weiblich «bestückt». Die Stadt will in der Gleichberechtigung Akzente setzen.
Doch was sagen die SRF-User zur gender-affinen Verkehrspolitik? Eine Umfrage unter 2773 User zeigt: Nur gut jeder Vierte ist von der Idee angetan, der grosse Rest kann dem Projekt nichts abgewinnen.
Die Umfrage ist abgeschlossen.
Einzig als Farbtupfer findet das Programm Anklang. Etwa bei User Simon Weber: «Ich finde die neuen Schilder toll, und sie bringen etwas Abwechslung in die trübe Betonlandschaft.» Oder bei Kommentator Markus Bossert: «Wenn es dem/der einen und anderen gestressten Genfer/in unerwegs ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert, ist ja auch schon etwas Gutes getan.»
Ich musste kichern, als ich sie sah. Und lachen ist gesund.
Eine Frage der Un-Verhältnismässigkeit
Eine klare Mehrheit unterstellt der verantwortlichen Genfer Stadtpräsidentin indes, sich mit Luxusproblemen oder mit Nonsens-Fragen zu beschäftigen. David Gruen: «Man kann auch Probleme sehen, wo keine sind.» Oder Franz Giger: «Absurdistan Schweiz, da jagt der eine Schildbürgerstreich den nächsten.»
Daran anknüpfend beklagen nicht wenige, die Ressourcen seien am falschen Ort investiert, und wichtigere Fragen blieben unbeantwortet. Entsprechend ironisch Jonas Klein: «An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die unser Steuergeld (...) für die wirklich wichtigen Dinge in unserer Welt investieren.» Und konkreter Gabriela Senn: «Es gibt noch genug Menschen – ältere, Kinder, alleinerziehende Mütter und wenige Väter, Eltern mit schwierigen Kindern etc. – die tatsächlich dieses Geld brauchen würden.»
Der Gleichstellungs-Bestrebung ein Bärendienst
Noch nicht einmal diejenigen User begrüssen das Projekt, denen Schutz und Recht der Frau ein Anliegen sind. Serge Kunz: «Diese Gelder würden besser in Projekte zur Gleichstellung beider Geschlechter (z.B. Lohngleichheit, Chancengleichheit etc.) fliessen.»
Anna Kissling: «Ich kenne keine Frau, die sich je über so etwas beschwert hätte. (...). Was mich wirklich stört, ist, dass ich nicht einmal mehr am Abend alleine spazieren gehen kann, weil es einfach zu gefährlich ist.»
Stereotypen zementiert?
Diverse User lehnen das Genfer Projekt ab, weil es dem Ziel der Gleichbehandlung abträglich sei – indem es Klassifizierungen zementiere, die man doch überwinden wolle. So fragt Peter Amthauer lapidar: «Wie wäre es mit einem geschlechtsneutralen Strichmännchen?» Und mit Schalk U. Salzmann: «Wie wär's, wenn man die abgebildeten Personen einfach weglassen würde? Oder durch ein Zebra ersetzen?»
Schlimm am Ganzen ist die Wahrnehmung der Frau im öffentlichen Raum als stereotype Person: Sie ist entweder schwanger, trägt Rock oder die Haare lang. Es winkt das letzte Jahrhundert.
Den Argumenten gegen das Genfer Pilot-Projekt zum Trotz. Es gibt einige wenige User, die die krasse Ablehnung im Diskussionsforum als Farce erachten. «Herr-lich, wie sich die Männerwelt in den hiesigen Kommentatoren betroffen fühlt», schreibt Reto Camenisch. Und Nicole Meier spitzt zu: «Ich lese haufenweise verletzte Männeregos, verpackt in Argumenten grösserer Sorgen. Dabei ist ihre grösste Sorge, dass Frauen ihren Platz in der Gesellschaft angemessen erhalten.»
Wenn die neuen Genfer Strassenschilder künftig den Verkehr ausbremsen, heizen sie also gleichzeitig eine vielschichtige Geschlechterdebatte an. Über Strichpersönchen, Staatsaufträge, Steuergelder und Stereotypen.