Nicht gestiegen, sondern erstmals seit Jahren leicht gesunken: Die Staatsausgaben bewegen sich in einem moderaten Rahmen. Dies geht aus den aktuellen Zahlen des Bundes hervor. Diese zeigen die Entwicklungen der Ausgaben von Bund, Kantone und Gemeinde über die letzten Jahrzehnte – nämlich von 1995 bis 2021.
Über die gesamte erfasste Zeitspanne haben sich die Ausgaben fast verdoppelt. 1995 betrugen sie rund 139.1 Milliarden Franken, 2021 waren es 266.8 Milliarden.
Umweltschutz der zweitniedrigste Kostenpunkt
Die Daten stellt das Bundesamt für Statistik zur Verfügung. Dieses schreibt: «Der Sozialschutz ist nach wie vor der grösste Ausgabenbereich und beläuft sich auf 105 Milliarden Franken.» Rund 40 Prozent seiner Ausgaben braucht also der Staat, um die Bevölkerung in den Bereichen Krankheit und Invalidität, Familie und Kinder oder Arbeitslosigkeit zu unterstützen.
Während auch für das Bildungswesen, wirtschaftliche Angelegenheiten oder die allgemeine öffentliche Verwaltung verhältnismässig viel ausgegeben wird, stehen die Bereiche Wohnungswesen und öffentliche Einrichtungen, Umweltschutz und Verteidigung am Schluss der Auflistung – und das schon seit längerer Zeit.
Insgesamt fasst der Bund zehn Bereiche zusammen, die wiederum gegliedert werden. So gehört zu «Wirtschaftliche Angelegenheiten» neben den Unterbereichen Wirtschaft und Handel, Verkehr oder Kommunikation auch die Kostenstelle Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei und Jagd. Dafür hat der Staat 2021 im Vergleich zu 1995 rund 8 Prozent mehr ausgegeben.
Besonders auffallend: Die Ausgaben im Kulturbereich haben sich seit 1995 fast verdoppelt. Dies mag auf den ersten Blick überraschen. Doch man müsse die Entwicklung im Kontext betrachten. Dies sagt Pius Knüsel. Er ist unter anderem Mitglied des Internationalen Filmfestivals Locarno und war für zehn Jahren Direktor der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, eine Förderinstitution des Bundes für Schweizer Kunst und Kultur.
Knüsel führt aus: «In Prozent gerechnet sind die Kulturausgaben immer ungefähr gleich geblieben, nämlich etwa 1.2 Prozent von den gesamten Staatsausgaben.» So gesehen sei die Kulturförderung nicht wirklich gewachsen – nur wenn man die Beträge in Millionen vergleiche, käme man zu diesem Schluss.
Die Grossen profitieren, die Kleinen darben
Zudem betont Knüsel, dass die kulturelle Infrastruktur stark ausgebaut worden sei. So habe man unter anderem «wahnsinnig viele Museen gebaut», wodurch «stehend höhere Betriebskosten» resultierten. Dies schlage sich letztlich in den Staatsausgaben nieder.
Doch Knüsel sieht die Kulturförderung auch durchaus kritisch, oder zumindest die Verteilung der Gelder. Denn der grosse Teil der Gelder flössen in die grossen Institutionen, kämen also beispielsweise Grössen wie dem Zürcher Opernhaus oder dem Grand Théâtre zugute. Dadurch hätten sich dort zwar auch die Arbeitsbedingungen verbessert, doch die Kleinkünstlerinnen und Kleinkünstler kämen zu kurz.
«Diese freie Szene wollte man mit der sogenannten neuen Kulturpolitik fördern», erklärt Knüsel. Diese, so sein Fazit, sei allerdings «gescheitert». Oder – um zurück zu den Zahlen zu kommen: 95 Prozent der Gelder gehen gemäss Knüsel an die Institutionen, nur 5 Prozent an die Freischaffenden.