Bern war eine Stadt im Aufbruch, damals, im 13. Jahrhundert. 5000 Menschen lebten da. Die Wirtschaft florierte. 1415 eroberte Bern den habsburgischen Aargau und erweiterte sein Gebiet, das Selbstbewusstsein wuchs und wuchs, so beschreibt es der Berner Stadtarchivar Roland Gerber.
Die bisherige Kirche in der Stadtmitte allerdings war überhaupt kein Ausdruck dieses neuen Selbstverständnisses: Sie war alt und am Zerfallen. Eine neue musste her, und zwar nicht einfach eine Kirche – sondern ein Münster. Ein Bauwerk, das man über die Landesgrenzen hinaus wahrnehmen würde.
Das Berner Münster sollte man schon von weitem sehen.
Die Stadt wollte sich zeigen und herausputzen, man wollte städtebaulich neue Massstäbe setzen, die im europäischen Vergleich standhielten.
«Rome wasn't built in a day» – und auch das Münster nicht
Am 11. März 1421 wurde der Grundstein gelegt für das Berner Münster. Fertig gebaut wurde es erst Jahrhunderte später: Erst zwischen 1889 und 1893 wurde der Kirche ihr Turmhelm aufgesetzt.
Doch auch nach 1893 blieb das Münster bis vor Kurzem äusserlich eine Baustelle. Der Grund: Der Baustoff – einheimischer Berner Sandstein – ist nicht sehr witterungsbeständig. Seit 1952 wird das Münster ständig restauriert und ist oft eingepackt. In der Stadt bezeichnete man das Gerüst auch als «Rucksack».
Endlich «oben ohne»
Mehrere Generationen Bernerinnen und Berner kannten das Münster nur mit Baugerüst. Heute ist der Turm «oben ohne». Die Bauphilosophie hat sich verändert: Mit Mörtel flicken statt neu meisseln, das ist jetzt das Credo.
Saniert wird aber auch heute noch: Aktuell ist das Innenleben der Kirche dran. Das Gewölbe des Mittelschiffes wird restauriert, bis 2024 sollen diese Arbeiten fertig sein.
Die Bedeutung des Münsters
Wichtige Trauerfeiern – wie beispielsweise diejenige des verstorbenen Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät – fanden im Münster statt. Es ist aber auch ein Wahrzeichen mit internationaler Ausstrahlung und wird oft von Touristinnen und Touristen besucht.
Bis zu einer Million Menschen besuchen das Münster pro Jahr. Es gehört seit 1990 auch zum Unesco-Weltkulturerbe – zusammen mit der Berner Altstadt.
Mit dem Münster konnte man damals zeigen, wie viel Geld, Macht und Einfluss man hat.
Das Ziel der Architekten und Planer des Münsters wurde erreicht: Auch heute, 600 Jahre nach der Grundsteinlegung, ist es ein herausragendes Bauwerk mit Bedeutung über die Stadtgrenze hinaus.