Sie haben sich bereits zu Experten der Essenskultur in den Alpengebieten gemacht, haben sich mit ihrer Bücherreihe «Das kulinarische Erbe der Alpen» der Geschichte und dem Handwerk der Kochkunst verschrieben: der Essensforscher Dominik Flammer und der Fotograf und Gastronom Sylvan Müller.
Das neueste Werk in der Reihe widmet sich erstmals einer einzigen Spezialität: dem Honig. Dass dieser Stoff für ein ganzes Buch hergibt, davon habe er zuerst überzeugt werden müssen, sagt Sylvan Müller: «Ich war ein totaler Honig- und Imkerei-Laie. Dann aber ist mir eine ganze grossartige Welt aufgegangen.»
Fast fünfzig Sorten im Alpenraum
Es ist die Welt der Honigsorten. 48 reine Sorten sind es im Alpenraum, wenn es nach dem steirischen Wanderimker und Honigexperten Johannes Gruber geht, der als Co-Autor am neuen Werk «Honig der Alpen» mitgearbeitet hat. Sie reichen vom Heidekrauthonig aus Graubünden, über den Löwenzahnhonig aus dem Chiemgau bis zum Bastardindigohonig aus dem Friaul.
Es sei faszinierend, wie klar sich die einzelnen Sorten im Geschmack unterscheiden, sagt Sylvan Müller. «Bei einem Lindenblütenhonig kann man die Lindenblüten richtig erkennen. Man kennt den Geruch natürlich auch schon. Bei einem Apfelhonig hingegen ist es schwieriger, weil man eher den Geschmack eines Apfels kennt als den Geruch einer Apfelblüte.»
Eigentlich könne man die Unterschiede sogar mit Wein vergleichen: «Honig kann unglaublich spannend altern.» Bei gewissen Sortenhonigen lohne es sich sogar, wie beim Wein sogenannte Vertikaldegustationen zu machen – also Degustationen von verschiedenen Jahrgängen über die letzten Jahrzehnte.
Beeindrucken lassen hat sich Sylvan Müller aber nicht nur von der gastronomischen Vielfalt des Honigs, sondern auch von den Menschen, die dahinter stecken. Er bereiste mit seiner Kamera den ganzen Alpenraum und besuchte 14 Imker und eine Imkerin bei ihrer Arbeit vor Ort.
Entstanden sind dabei eindringliche Porträts. Müller fotografierte die Imker jeweils draussen, sitzend, inmitten der blühenden Pflanzen – die den Nektar für den jeweiligen Sortenhonig liefern. Die Bilder zeigen mehr als die einzelnen Menschen, sie lassen auch ihre Gemeinsamkeit erahnen: «Die Imker haben ein grosses Bewusstsein für den Boden am Ort, wo sie arbeiten. Sie haben ein unglaubliches Gespür für die Veränderung der Jahreszeiten. Und sie pflegen einen überraschend liebevollen Umgang mit ihren Tieren.»
Sylvan Müller hat aber auch Menschen kennengelernt, die mit vielen Unwägbarkeiten leben müssen. Gerade dieses Jahr war besonders schwierig. «Es war sehr kalt, dann windig und dann wieder sehr nass. Einfach alles, was Bienen nicht mögen, hat dieses Jahr stattgefunden. Das habe ich sehr stark gespürt, weil das den Alltag dieser Leute prägt.»
Darüber hinaus machten sich die Imker aber auch grundsätzliche Sorgen: «Mit gewissen Formen von Landwirtschaft wird es für viele Imker immer schwieriger, noch Plätze zu finden, wo sie ihre Bienen gut arbeiten lassen können.»