Martin Ackermann, Chef der Covid Taskforce des Bundes sagte in der Samstagsrundschau von Radio SRF: «Die Strategie der Schweiz beruht darauf, dass man die Kontakte der infizierten Personen nachvollziehen und Infektionsketten gezielt unterbrechen kann. Bei den derzeitigen hohen Fallzahlen ist das unglaublich schwierig und aufwändig für die Kantone.»
Das heisst: Die Schweizer Strategie könnte ins Wanken geraten. Im Kanton Zürich müssten Corona-Infizierte ihre Kontaktpersonen mittlerweile selbst in Quarantäne schicken, weil die offiziellen Stellen mit den vielen Fällen überlastet seien, schreibt die «Sonntagszeitung» heute.
System sei nicht überlastet, aber gefordert
Bettina Bally, die stellvertretende Kantonsärztin des Kantons Zürich, dementiert: «Wir haben die Kontrolle nicht verloren. Das Contact Tracing im Kanton Zürich läuft.» Doch die Zahlen seien hoch und deswegen bitte man die Infizierten um Mithilfe, um ihre Kontakte schneller eruieren zu können. «Wir sind daran, die Prozesse zu optimieren und wir haben über das Wochenende mehr Personal rekrutiert, um die steigenden Zahlen bewältigen zu können.» Das System sei nicht überlastet, aber gefordert.
Gefordert ist das System auch in anderen Kantonen, etwa in der Waadt. Dort geriet die Regierung in die Kritik, weil sie bereits Mitte September die Quarantäne-Regeln anpasste. Die Waadt schickte nur noch nahe Kontaktpersonen von positiv Getesteten in die Quarantäne, weil die Contact Tracer die vielen Fälle sonst nicht mehr hätten bewältigen können.
1500 Personen, die innerhalb von 48 Stunden zum Contact Tracing dazukommen, belasten das System enorm.
Doch auch der Kanton Bern hat derzeit zu kämpfen. Dieses Wochenende schickte die Regierung über 1500 Personen nach Club- und Bar-Besuchen in Quarantäne. Heute meldet der Kanton 134 neue positiv getestete Fälle in den letzten 24 Stunden – einen der höchsten Werte im Kanton Bern seit Beginn der Pandemie.
Kantone stocken ihre Tracing-Teams auf
Gundekar Giebel von der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern sagt: «Die Situation im Contact Tracing ist auf Orange, wenn nicht sogar Dunkelorange, weil 1500 Personen, die innerhalb von 48 Stunden zum Contact Tracing dazukommen, das System enorm belasten. Wir brauchen ab nächster Woche mehr Leute für unser Contact Tracing.»
Zu den 100 bisherigen sollen in Bern zusätzlich 50 neue Contact Tracer angestellt werden. Die Kantone bauen also momentan ihr Contact Tracing aus, in der Hoffnung, so die stark steigenden Fallzahlen auch in den nächsten Wochen noch bewältigen zu können.