Am Donnerstag hat SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider bekanntgegeben, dass die Krankenkassenprämien 2025 um durchschnittlich sechs Prozent steigen werden. Das Gesundheitsdossier liegt seit 2012 bei SP-Bundesräten. Ihre Co-Fraktionspräsidentin, Samira Marti, erklärt, warum ihre Partei trotzdem nicht an den steigenden Kosten Schuld ist.
SRF: Die Kosten im Gesundheitswesen steigen scheinbar unaufhaltsam. Was machen Ihre SP-Bundesräte falsch?
Samira Marti: Wenn es so einfach wäre und unsere Bundesräte hier alles entscheiden könnten. Die Gesundheitspolitik ist ein grosses Thema und die Prämienlast hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Gleichzeitig ist das Einkommen der Menschen stagniert. Da muss man etwas machen.
Das Gesundheitswesen wird vermehrt zum Businessmodell.
Ich sehe zwei grosse Baustellen: einerseits die unsoziale Finanzierung unseres Gesundheitswesens. In keinem anderen Land in Europa wird ein so grosser Anteil der Kosten über eine unsoziale Kopfprämie finanziert. Das andere ist, dass das Gesundheitswesen vermehrt zum Businessmodell wird. Gegen die unsoziale Finanzierung sehe ich nur eine Möglichkeit: einen Prämiendeckel.
Aber ein Prämiendeckel würde die Kosten im Gesundheitswesen nicht bremsen.
Der Deckel ist das Einzige, das funktionieren würde. So wie es im Moment läuft mit den jährlich steigenden Prämien, ist die Politik total aus der Verantwortung. Ein Deckel würde dazuführen, dass die Politik und insbesondere die Parteien gezwungen würden, endlich Massnahmen zu ergreifen, um das massive Kostenwachstum zu bremsen.
Expertinnen und Politiker betonen, dass die Hälfte der Spitäler geschlossen werden könnte, da sie zu wenige Fachbehandlungen aufweisen. Die SP stellt sich auf lokaler Ebene aber oft dagegen.
So einfach ist es nicht. Ich glaube, wenn eine Restrukturierung wirklich sinnvoll ist, dann ist die SP auch dafür. Aber wenn eine Spitalschliessung dazu führt, dass die Grundversorgung in der Region nicht mehr gewährleistet ist, dann wehren wir uns. Es macht sicher Sinn, zusammen zu planen und sich über die Kantonsgrenzen hinaus zusammen zu spezialisieren.
Ein anderer Hebel wäre die Mindestfranchise. Würde diese von 300 auf 500 Franken erhöht, könnte über eine Milliarde Franken gestrichen werden. Warum sperrt sich die SP dagegen?
Weil das keine Sparmassnahme ist. Da wird nichts eingespart. Es wird einfach die Last weitergegeben. Kommt dazu: Wird die tiefste Franchise hinaufgesetzt, dann ist das sehr unsozial. Betroffen sind insbesondere kranke, alte und arme Menschen.
Schon heute verzichtet ein Fünftel der Leute aus finanziellen Gründen auf eine ärztliche Untersuchung.
Sie alle wählen eine tiefe Franchise, weil sie es sich nicht leisten können, im Krankheitsfall hohe Kosten zu tragen. Es ist heute schon so, dass ein Fünftel der Leute in der Schweiz sagt, sie hätten im letzten Jahr auf eine ärztliche Untersuchung verzichtet aus finanziellen Gründen. Das kann später zu massiven Mehrkosten führen, weil man zu spät, falsch oder gar nicht behandelt wird.
Die SP bringt immer wieder die Einheitskrankenkasse als Lösung ins Spiel. Damit würde man Verwaltungskosten einsparen, aber der Druck nach Innovation wäre weg.
Es gibt schon jetzt wenig Innovation bis gar keine bei den Krankenkassen. In einem Markt, in dem alle verpflichtet sind, etwas zu kaufen – eben die Grundversicherung – da muss ein Unternehmen nicht innovativ sein. Aber die Krankenkassen machen heute Profit. Sie zahlen unnötig hohe Managerlöhne. Das macht die Leute wütend und das würde man mit einer vereinheitlichten öffentlichen Krankenkasse sicher ändern können.
Das Gespräch führte Klaus Ammann.