Die Schweiz wird älter. Gehörten 2015 noch 1.5 Millionen Menschen der Generation 65+ an, so wird sich ihr Anteil bis 2045 fast verdoppeln – auf 2.7 Millionen. Ein Problem für den Arbeitsmarkt. Auf der einen Seite geht einigen Firmen der Nachwuchs aus, auf der anderen Seite gibt es viele Ältere, die gerne nochmals in einen neuen Beruf einsteigen möchten. Zwei Fliegen, die sich gut mit einer Klappe schlagen lassen.
So verzichten die meisten Firmen mittlerweile auf eine Altersgrenze in ihren Stellenausschreibungen. Das zeigt eine neue Studie der Jobcloud AG.
Die Firma verwaltet die Online-Jobplattformen «jobs.ch», «jobup.ch» und «jobscout.ch». Verglichen mit 2017 komme heute rund 15 Prozent öfter das Wort «Senior» in Jobtiteln vor. Auch gäben nur 2 Prozent der Stelleninserate eine Altersgrenze an. Untersucht wurden rund 300'000 Stellenanzeigen. Gründe sieht Davide Villa, CEO von Jobcloud, im anhaltenden Fachkräftemangel, aber auch in einer grösseren Sensibilität für ältere Stellensuchende.
Dass eine Rekrutierung ohne Altersgrenze funktioniert, zeigt die Berner Kantonspolizei. Sie hat schon vor acht Jahren die Altersgrenze für angehende Polizeileute abgeschafft. Denn mit Einschränkungen wie Alter oder Grösse laufe man Gefahr Top-Kandidatinnen und Kandidaten auszuschliessen.
SBB lanciert 40plus
Noch einen Schritt weiter geht die SBB. Nicht nur steht die Ausbildung zur Lokführerin oder zum Lokführer allen Altersstufen offen. Neu will die SBB dafür auch aktiv Leute über 40 rekrutieren. Dazu lanciert sie die Kampagne 40plus. Erlaubt sei das zwar schon seit jeher, aber die SBB will solche Kandidatinnen und Kandidaten nun explizit dazu ermutigen. In knackigen Werbespots porträtiert sie zwei Lokführer und eine Lokführerin, welche den Sprung vom Finanzwesen, vom Zimmermann oder der Polizei in die Lokführerkabine gewagt haben.
Das ist nicht nur eine Chance für Quereinsteiger über 40, sondern auch eine Alternative für die SBB: Bis 2025 benötigt das Bahnunternehmen 1000 neue Fachkräfte. Ältere Kandidaten sind darum mehr als willkommen. Josef Baumgartner ist schon seit 38 Jahren Lokführer. Er begrüsst die neue Kampagne. Noch mit 50 Jahren Lokführer werden, das sei sicher machbar.
Die Zeit ist reif um nicht mehr von Defiziten im Alter zu sprechen, sondern von Kompetenzen, findet auch Dieter Kissling vom Institut für Arbeitsmedizin. Denn es gebe durchaus Fähigkeiten, die mit dem Alter zunehmen:
Noch wird ein später Quereinstieg nicht in allen Firmen unterstützt. Aber mit einer alternden Bevölkerung werden solche Modelle zukünftig beliebter.