SRF News: Was ist die Logik hinter einer Roboter-Steuer?
Oliver Bendel: Maschinen nehmen uns Arbeit weg. Sie können uns unterstützen, aber auch ersetzen. Die Idee, Roboterarbeit zu besteuern, ist schon recht alt. Mein Vater etwa behauptet, dass man sich schon in der 1950er-Jahren darüber unterhalten habe. Damals hiess das Ganze «Maschinensteuer.»
Wohin würden die Steuereinnahmen denn fliessen? In ein bedingungsloses Grundeinkommen für freigestellte menschliche Arbeitskräfte?
Das ist eine Möglichkeit. Eine andere ist Idee ist, dass das Geld ins Sozialversicherungssystem fliesst.
Welche Branchen wären von der Roboter-Steuer am stärksten betroffen?
Zunächst natürlich Produktionsunternehmen wie Auto- oder Maschinenbauer. Es könnte allerdings fast alle Branchen erwischen: Potentiell betrifft es alle Branchen mit Automatisierung, Autonomisierung und damit auch Robotisierung.
Wie würde die Höhe einer solchen Steuer errechnet?
Es wäre kompliziert und vielleicht auch willkürlich. Eine Möglichkeit ist, von einem Stundenlohn des Roboters auszugehen. Vor kurzem haben Fonds-Manager der Credit Suisse einen solchen errechnet. Sie kamen zum Schluss, dass ein durchschnittlicher Industrie-Roboter um die 4 Dollar und 50 Cent pro Stunde verdienen könnte. Man kann sich natürlich fragen, was ein «durchschnittlicher Industrieroboter» ist. Was würde ein zweiarmiger, was ein vierarmiger verdienen?
Vielleicht ist es gar nicht gut für uns, dass wir 8-10 Stunden am Tag arbeiten
Es müsste auch unbedingt geklärt werden, um welche Art Roboter es überhaupt geht: Sollen nur diejenigen in der Industrie von der Steuer betroffen sein oder auch solche, die Service-Leistungen erbringen? Sind nur solche gemeint, die als Hardware physisch vorhanden sind oder auch Software-Roboter wie Agenten und Bots? Je nachdem, von welchen Typen von Robotern man ausgeht, würden diese auch unterschiedlich verdienen.
Steuern belasten die Wirtschaft. Eine Roboter-Steuer würde stark automatisierte Betriebe bestrafen. Wäre das wünschenswert?
Roboter werden nicht nur eingeführt, um Menschen zu unterstützen, sondern auch, um sie irgendwann zu ersetzen. Wenn durch eine Steuer Fortschritt gebremst würde, wäre das wiederum unerfreulich. Ich plädiere aber ganz klar für mehr Automatisierung und Automatisierung in Fabriken.
Wir müssen uns überlegen, wie wir unsere Zeit in Zukunft gestalten könnten. Vielleicht hängen wir einer Ideologie an. Vielleicht ist es gar nicht gut für uns, dass wir 8-10 Stunden am Tag arbeiten, und das über 30-40 Jahre. Womöglich wäre es besser, wir würden halbtags arbeiten und hätten mehr Zeit für andere Dinge. Natürlich brauchen wir Geld. Das Ganze bedeutet: Gewinne werden (mit Robotern) nach wie vor erzielt, sie müssen aber gerecht verteilt werden.
Womöglich liegen wir künftig etwas mehr in der Hängematte und haben mehr Zeit für kreative Tätigkeiten.
Der Zivilrechtsausschuss des EU-Parlamentes hat diesen Monat einer Resolution zugestimmt, die eine Roboter-Steuer ins Auge fasst. Wie weit vorne ist diese Idee in der politischen Pipeline?
Die Priorität ist hoch. Man will Klarheit schaffen. Das EU-Parlament denkt diesbezüglich tief und gut nach. Vielleicht könnte das Ganze aber zu einer Überregulierung führen. Ich finde es zumindest wünschenswert, dass die Diskussion begonnen hat.
Das heisst, wir sind gar nicht so weit von der Utopie entfernt, dass Maschinen arbeiten und Menschen Geld erhalten fürs Nichtstun?
Wir delegieren Arbeit seit vielen Jahrzehnten an Maschinen. Das ist bereits Realität und wird weiter zunehmen. Die positive Utopie könnte tatsächlich beinhalten, dass wir etwas mehr in der Hängematte liegen und mehr Zeit für kreative Tätigkeiten haben. Ich bin verhalten optimistisch. Maschinen sind nicht das «Böse». Sie können uns Arbeit abnehmen. Sie können uns natürlich auch ersetzen. Wir könnten aber Zeit für andere schöne Tätigkeiten gewinnen. Wichtig ist, dass die Gewinne auch an uns fliessen – selbst wenn wir dabei nichts leisten.
Das Gespräch führte Isabelle Jacobi.