Die Rede ist vom innenpolitischen Coup des Jahres. Oder weniger positiv formuliert: von einem politischen Kuhhandel. Beide meinen dasselbe – nämlich den überraschenden Entscheid der Wirtschaftskommission des Ständerats, die Steuervorlage 17 als Nachfolgeprojekt der gescheiterten Unternehmenssteuerreform III mit der Finanzierung der AHV zu verknüpfen.
Ständerat Konrad Graber (CVP/LU) ist der Mann, der bei diesem politischen Grosspaket im Hintergrund die Fäden gezogen hat. Graber ist kein Spieler, im Gegenteil: bedächtig und besonnen. Und trotzdem scheint der Ständerat derzeit bereit, alles auf eine simple Formel zu setzen: «Ein gesparter Steuerfranken gleich ein zusätzlicher AHV-Franken».
Das umstrittene Paket für die Reform der Unternehmenssteuer soll gerettet werden, indem jährlich zwei Milliarden Franken zusätzlich in die Altersvorsorge gepumpt werden.
Druck auf die Schweiz ist gross
Was aber, wenn die Vorlage trotzdem schiefgeht und das Unternehmenssteuer-Paket in einer allfälligen Volksabstimmung bachab geschickt wird? In der «Samstagsrundschau» von Radio SRF sagt Graber: «Es ist schlecht vorstellbar, was geschehen würde, wenn das Paket abstürzen sollte. Vor allem, was Unternehmenssteuern angeht. Das gäbe ausländischen Druck, den wir bereits heute haben. Die Schweiz käme möglicherweise wieder auf eine schwarze Liste der OECD.»
Und mit Blick auf die konkreten Steuerbeträge meint Graber: «Vom gesamten Steuervolumen von 10 Milliarden machen die Firmen, die man eigentlich abschaffen möchte, und was auch die Linke abschaffen möchte, zwei Milliarden aus. Und wenn zwei Milliarden Franken im Bundeshaushalt fehlen, dann muss ich nicht erklären, was das heisst.»
Ist der Ausgleich sozialverträglich?
Deshalb die Steuererleichterungen für die Unternehmen – und im Gegenzug die Milliarden für die AHV. Dies als sozialer Ausgleich. Damit stellt sich die Frage: Wie sozial ist dieser Ausgleich aber tatsächlich, wenn man bedenkt, dass ein grosser Teil dieser zwei Milliarden von Arbeitnehmern und Steuerzahlern finanziert wird.
Graber relativiert: «In der ursprünglichen Version hatten wir eine Beteiligung von je einem Drittel durch Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Bund. Jetzt kann man natürlich bei jedem Franken des Bundes sagen, das ist die Allgemeinheit. Aber auch Firmen bezahlen daran und die Besserverdienenden zahlen mehr daran. Das hat eine soziale Komponente, sonst wäre die Linke nicht auf diese Vorlage eingestiegen.»
Breite Unterstützung für das Kombi-Paket
Zumindest SP-Präsident Christian Levrat zeigt sich in mehreren Zeitungs-Interviews zufrieden mit dem Steuer/AHV-Vorschlag der ständerätlichen Wirtschaftskommission. Damit bleibe Zeit, um eine vom Volk akzeptierte Rentenreform zu schnüren.
Und auch Graber, der Architekt des Pakets, vertraut auf die Einsicht des Stimmvolks: «Ich traue den Stimmberechtigten zu, dass man durchaus sieht, das hier sind zwei zentrale Anliegen. Und dass am Schluss, auch wenn einem nicht das letzte Detail passt, ein Ja die richtige Antwort ist.»
Die Vorlage ist übernächste Woche im Ständerat traktandiert und wird dort grossmehrheitlich akzeptiert werden. Im Nationalrat freilich, in der Herbstsession, dürften dann aber kaum mehr alle bereit sein, auf alles oder nichts zu setzen.