Das Wichtigste in Kürze
- Seit Anfang Jahr können gleichgeschlechtliche Paare ihre Kinder adoptieren.
- Obschon viele schwule und lesbische Paare auf diese Möglichkeit gewartet haben, bleibt bislang ein Ansturm bei den Behörden aus.
- Das Prozedere ist aufwändig und zeitintensiv – es kann im Extremfall mehrere Jahre dauern.
«Endlich sind die Kinder rechtlich abgesichert. Dafür haben wir mehr als zehn Jahre gewartet», sagt Maria von Känel. Sie ist Geschäftsführerin des Dachverbandes Regenbogenfamilien und hat zusammen mit ihrer Partnerin selber zwei Kinder. Der zehnjährige Sohn und die achtjährige Tochter sind mittels Samenspende gezeugt worden.
Grosse kantonale Unterschiede
Die beiden Zürcherinnen sind nicht die einzigen, die vom Adoptivrecht Gebrauch machen wollen: So sind im Kanton Bern seit Anfang Jahr 15 Stiefkindadoptionsgesuche eingegangen, sieben davon von schwulen oder lesbischen Eltern. Gegenüber dem Vorjahr ist das eine starke Zunahme, denn im ganzen Jahr 2017 wurden im Kanton Bern 22 Stiefkindadoptionsgesuchte behandelt.
Allerdings variieren die Zahlen von Kanton zu Kanton stark, sofern sie überhaupt erhoben werden. In Basel etwa ist bisher erst ein einziges Gesuch für die Stiefkindadoption eingegangen. Im Kanton Zürich gibt es überhaupt keine detaillierten Zahlen: «Uns interessiert die sexuelle Orientierung unserer Gesuchsteller nicht – deshalb zählen wir sie auch nicht», sagt Heidi Steinegger, Leiterin der kantonalzürcherischen Adoptionsbehörde.
Sehr aufwändige Angelegenheit
Erst die nächsten Monate würden zeigen, ob es aufgrund der Gesetzesänderung beim Stiefkindadoptionsrecht zu markant mehr Gesuchen komme, sagen die Behörden. Schliesslich sei es sehr zeitintensiv, ein solches Gesuch zusammenzustellen. Tatsächlich sind laut Lilian Häfele, Rechtsanwältin der Adoptionsabteilung beim kantonalberner Jugendamt, dafür bis zu 25 Dokumente nötig.
Auch sei die Prüfung dieser Gesuche sehr aufwändig: «Das kann von mehreren Monaten bis zu Jahren dauern», so Häfele. Es gebe Fälle, in denen die Zustimmung des einen Elternteils im Ausland eingeholt werden müsse – und dieser zu diesem Zweck zuerst gesucht werden müsse. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn beispielsweise ein schwules Paar mittels Leihmutter ein Kind in den USA gezeugt und diese Frau keine Verzichtserklärung unterschrieben hat.
Wir nehmen die Adoptionsgesuche sehr ernst.
Viele Schwule und Lesben sind deshalb ernüchtert, dass sie sich weiter in Geduld üben müssen. Heidi Steinegger, die Leiterin der Zürcher Adoptionsbehörde kann den Frust verstehen. Allerdings: «Bei der Adoption spricht der Staat mit», sagt sie. In diesen Fällen werde die Abstammungslinie unterbrochen, was Folgen für die kommenden Generationen habe. «Diese Sache nehmen wir deshalb sehr ernst.»
Steinegger betont zudem, dass beim Adoptionsrecht nach wie vor das Kindswohl im Zentrum stehe. Die sexuelle Ausrichtung der Eltern spiele dabei eigentlich keine Rolle.